Wie spüre ich ob ein Pferd schwingt?

18. Juli 2017

Ausbildung | Andrea Lipp 

Wie spüre ich eigentlich ob ein Pferd schwingt? Jeder weiß um dieses Element der Skala der Dressurausbildung, aber es entsteht häufig der Eindruck, dass oft gar nicht bekannt ist, wie sich dieses Schwingen anfühlt. Da wird auf stakkatoartig daherlaufenden Pferden durch die Bahn geritten und es werden fleißig Lektionen geübt oder als anderes Extrem wird untertourig ohne jeglichen Spannungsbogen auf der Vorhand dahergelatscht. Bei beiden Varianten gerät die Bearbeitung der Basis in Vergessenheit.

Was ist denn nun Schwung? Schwung ist die Bewegung der Pferde-Wirbelsäule in ihrer natürlichen Lage. Die Bewegungen des Pferdes gehen fließend von der Hinterhand über den Rücken in die Vorhand bis in das Pferdemaul. Dort resultiert das feine Schwingen des Pferdes in einer weichen Anlehnung an die Reiterhand. Schwung kann nicht entstehen, wenn das Pferd von vorne nach hinten durch gewaltsames Beizäumen in eine Silhouette gepresst wird. Schwung kann auch nicht entstehen, wenn das Pferd ohne jegliche Energie dahinschlurfen darf. Schwung kann ebenfalls nicht entstehen, wenn der Reiter permanent ackernd und mit angespannter Muskulatur auf seinem Pferd sitzt und jeden Schritt heraustreiben muss. Schwingen ist stets verbunden mit einem positiven Spannungsbogen. Ohne Vorwärts wölbt sich die Rückenkonstruktion nicht auf und das Pferd kann den Reiter nicht ohne gesundheitlichen Schaden tragen. Schwung entsteht aber auch nicht, wenn das Pferd über Tempo durch die Bahn gejagt wird. Schwingen beginnt mit dem sauberen Eintakten des Pferdes auf jeder Hand. Ein Schritt, Tritt oder Sprung sollte sein wie der andere. Der Reiter ist hier der Taktchef für sein Pferd. Wie ein Dirigent, muss er seinem Partner helfen, das zeitliche Gleichmaß der Bewegung zu finden. Denn dies ist der Takt und er ist die Grundvoraussetzung für das Schwingen. Ohne Takt kein Schwingen. Wichtig ist hier außerdem das klare innere Bild des Reiters. Er sollte einen weich, geschmeidigen Bewegungsablauf beim Pferd erzeugen wollen. Ideal ist es hier, wenn er dies bereits bei einem gut ausgebildeten Pferd erfühlen konnte. Harte, ruckartige und in den Reiterrücken stoßende Bewegungen des Pferdes haben hier keine Berechtigung. Der Reiter formt sein Pferd und muss in diesem Zusammenhang gut darauf achten, dass seine eigene Rückenmuskulatur weich und losgelassen ist. Schwung und Spannung sind immer Gegensätze. Ein angespanntes Pferd wird niemals schwingen. Das Pferd wird mit fortschreitendem sauberen Eintakten und dem Abfragen der gewünschten Silhouette beginnen zu entspannen und zu schwingen. Der Reiter merkt dies sofort durch ein weiches Einsitzgefühl beim Leichtraben und einem wolkenartigen Sitzgefühl beim Aussitzen. Dieses Gefühl bedeutet der Pferderücken ist am Schwingen und dieses Gefühl macht absolut süchtig.

Möge es immer mehr fein schwingende Pferde auf unseren Reitplätzen geben, denn dann bleiben sie lange gesund und munter.

Andrea Lipp

Über die Autorin:

Die klassische Reiterei ist die Passion von Andrea Lipp. Seit 2008 leitet sie im Bergischen Land bei Köln ihre Klassisch-Barocke Reitschule. Andrea Lipp ist Schülerin von Oberbereiter Andreas Hausberger, bei dem sie sich seit 2011 regelmäßig fortbildet. 

Mehr Informationen zu Andrea Lipp finden Sie hier: www.barock-reiten.de

 


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„Du triffst nicht auf ein Pferd zufällig. Es ist das Schicksal, das dich zu ihm führt.“

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