Was ist das, ein “Barockpferd”?
11. Juli 2022
Barocke Reiterei | Corinna Scholz
Heute zählen zwar einige bestimmte Rassen (dazu später mehr) zu den Barockpferden, eine bestimmte Rasse ist es aber nicht. Es kommt weniger auf die Rasse an als auf Physis und Psyche an. Ein ideales Barockpferd steht, anders als unsere modernen Sportpferde, eher im Quadrattyp als im Rechteck.
Das zur Zeit im Turniersport dominierenden Warmblüter stammen aus relativ jungen Zuchtlinien der Kavallerie- und/oder Karossierpferden des 19. Jahrhunderts.
Ein Barockpferd sollte einen erhabenen Gang mit viel Schulterfreiheit und sichtbarer Knieaktion aufweisen, Raumgriff ist hier nicht so gefragt wie z.B. beim Sport-Dressurpferd. Hohe Aufrichtung, “runde” Körperpartien, stolzer Ausdruck und möglichst noch viel Behang runden das Bild des Barockpferdes ab.
Auch das Barockpferd war – wie alle Pferde der damaligen Zeit – einmal modernes Kriegsgerät, nur die Kriege waren andere. Hier wurde mit Hieb- und Stichwaffen (also Lanze, Schwert, Axt, Pfeil und Bogen), zumeist im Nahkampf, aufeinander losgegangen. Im Nahkampf braucht man nicht Beschleunigung und Raumgriff, sondern Wendigkeit auf kleinstem Raum; Pferde, die man sprichwörtlich “auf dem Teller” drehen konnte; Pferde, die auf kleinste Hilfen hin flinke Richtungs- und Tempowechsel ausführten; Pferde, die auf allen Beinen gleichermaßen agil waren; die vorne und hinten (je nach Bedarf) steigen und auskeilen konnten, um sich im dicksten Getümmel auch schon mal Raum zu verschaffen. Pferde, die leicht in der Hand waren und nötigenfalls nur auf Gewichtshilfen gelenkt werden konnten; Pferde, die nervenstark, kooperationswillig, feinfühlig und temperamentvoll gleichermaßen waren. Das ist es – das barocke Pferd.
Danke!
Auf meine vielen Fragen bekam ich von Christin Krischke (Fürstliche Reitschule Bückeburg – die „Tjoster“), diese hochinteressanten Antworten.
Corinna Scholz
Weiterlesen: Die “barocke Reitkunst” hatte ausgedient…
Über die Autorin:
Corinna Scholz ist Pferdewirtin FN Schwerpunkt Reiten mit jahrzehntelanger Erfahrung im Dressur-, Vielseitigkeits- und Springsport, die sich nach ihrer Turnier-Laufbahn der feinen Pferdeausbildung und Reiterei verschrieben hat und dies auf Messen und großen Veranstaltungen in diversen Schaubildern präsentiert hat. Neben ihrer Ausbildertätitgkeit hat sie diverse Workshops und Seminare zu verschiedenen Themen rund ums Pferd veranstaltet. Sie gründete 2004 das Team Légèreté e.V. und richtet als Prüferin Breitensport verschiedene Breitensportturniere. Corinna Scholz hat in diversen Fachmagazinen Artikel rund um das Thema Pferd veröffentlicht und ist seit 2010 ständige Mitarbeiterin der Zeitschrift Hofreitschule. 2014 erschien ihr erstes Buch, das „blv-Handbuch Bodenarbeit“. Weitere Informationen zur Autorin unter: www.tanzende-hufe.de
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„Du triffst nicht auf ein Pferd zufällig. Es ist das Schicksal, das dich zu ihm führt.“