Charles de Kunffy

20. Juli 2022

Geprägt von einer reiterlichen Ausbildung, die zum Teil ihren Ursprung in der Militärreiterei des vorletzten und letzten Jahrhunderts hatte, ist Charles de Kunffy ein bedeutender Vertreter der klassischen Reiterei. Das Wohl des Pferdes steht hierbei im Fokus. Dabei reduziert der in Kalifornien lebende Ausbilder dies nicht auf die physische Gesunderhaltung durch das Training, sondern berücksichtigt auch die psychischen Bedürfnisse des Pferdes. Als Grundlage der Ausbildung und auch des Trainings fordert der gebürtige Ungar daher für Reiter und Pferd ein möglichst vielseitiges Training.

Geboren und aufgewachsen in Ungarn, stammt Charles de Kunffy aus einer Familie, die den österreichisch-ungarischen Adelskreisen angehörte und eine bedeutende Rennpferdezucht betrieb. Charles begann schon in jungen Jahren mit dem Reiten, stets unter Aufsicht und mit Anleitung. Seine Lehrer, geprägt durch ihre eigene Ausbildung in der Zeit zwischen 1900 und 1945, pflegten die Tradition der klassischen Reiterei, wie sie seinerzeit unter anderem in Wien und Hannover gelehrt wurde.

Vielseitigkeit, Springreiten und Dressur standen in der reiterlichen Ausbildung, die Charles de Kunffy als Kind und Jugendlichem zu Teil wurde, gleichberechtigt nebeneinander, das Training berücksichtigte alle drei Elemente. Statt die heute als verschiedene Disziplinen voneinander abgegrenzten Bereiche zu separieren, wurden sie als einander ergänzende Übungen betrachtet. Zur Ausbildung – sowohl des Reiters wie auch des Pferdes – gehörten alle Elemente. Dieses Prinzip hat der Ausbilder übernommen und pflegt es seither.

Vielseitigkeit als Grundlage

In seinem Buch „Ethik im Reitsport“ erwähnt de Kunffy „Das Dressurreiten umfasst ein vielseitiges Können, das man sich teilweise durch Spring- Geländereiten oder bei Distanzritten aneignen kann.“ Warum nun macht es Sinn das Training vom Viereck ins Gelände oder in den Parcours zu verlegen, wenn das Ziel doch sein soll, ein guter Dressur-Reiter zu werden? Die Antwort de Kunffys ist einfach: Dressurreiten setzt immer einen guten Reiter voraus. Die Definition für einen guten Reiter liefert de Kunffy, der auch als Dressurrichter gefragt ist, gleich mit: „Ein vielseitig veranlagter reiterlicher Athlet, der willens und auch in der Lage ist, einem Pferd zunächst einmal eine allgemeine Grundausbildung angedeihen zu lassen, bevor er sich völlig auf ein Wettkampf ausgerichtetes Dressurtrainng (Gymnastizierung) spezialisiert.“ Zur Grundausbildung des Pferdes, auch des Dressurpferdes, gehört wiederum ebenfalls das Springen und das Geländereiten. Ein Training im Hinblick auf spezielle Dressurlektionen erfordert ein gut bemuskeltes, athletisches Pferd, das auch eine Kräftigung und Schulung seines Charakters in der Ausbildung erfahren hat.

Hier bezieht er sich in der Argumentation auf die alten Meister, die die Ausbildung des Pferdes in die Bereiche Campagneschule und Hohe Schule unterschieden haben. Die Campagneschule stellt die Basisarbeit dar. Das eine kann auf das andere aufbauen, aber keineswegs direkt und durch Auslassen des ersten Schrittes erzielt werden. „Die Campagnereiterei basiert auf der Überzeugung, dass das Pferd seine Grundlagenarbeit draußen, in „freier Landschaft“ absolvieren sollte (frz: campagne). Erst später als Folge seiner gesteigerten Kraft und verbesserter Balance, ist es in der Lage, von der Arbeit  in der Enge und künstlichen Umgebung einer richtigen Reitbahn zu profitieren, sich abwechselnd in den Ecken zu biegen und dann wieder auf kurzen Linien geradeaus zu gehen.“

Die Hinterhand des Pferdes

Besonders die Muskulatur der Hinterhand des Pferdes profitiert von vielseitigem Training. Die Dressurarbeit ihrerseits profitiert von einer im Vorfeld gekräftigten Hinterhand, die Tragkraft beweist. Charles de Kunffy macht sich zu diesem Bereich folgende Gedanken: „Betrachtet man die Gelenke der Hinterhand, muss man sich vor Augen halten, dass das Sprunggelenk des Pferdes kleiner als das menschliche Knie ist. Das Knie des Menschen trägt weitaus weniger Gewicht, neigt aber trotzdem zur Bildung von Arthrose, Schmerzen, Schwellungen und einem frühzeitigen Verschleiß sowie Verletzungen an Bändern.“ Das Training des Pferdes sollte entsprechend  dafür Sorge tragen, dass die Muskulatur der Hinterhand gut gekräftigt ist und ihren Teil zur Unterstützung der Gelenke beitragen kann. „Ein Sportler achtet auf den korrekten Aufbau seiner Muskulatur und Gelenke. Für diesen Aufbau bedarf es sorgfältig ausgewählter Übungen.“ Wie der Sportler und der Bauarbeiter gleich viel Schweiß vergießen können und doch sehr unterschiedliche Muskeln nutzen und trainieren, so entscheidet auch das Training des Pferdes darüber, ob ein ästhetischer Athlet oder ein Schwerarbeiter mit Muskelpaketen an einzelnen Stellen daraus wird. De Kunffy sieht hier im vielseitigen Training den Vorteil, dass der Körper des Pferdes insgesamt athletisch trainiert wird, und sich in der Folge geschmeidige Bewegungen zeigen.

Mut – eine reiterliche Tugend

Ein Training, das zu früh auf Spezialisierung setzt, wie es heute durchaus hier und da zu finden ist, schreibt der Ausbilder de Kunffy der einen oder andere Schwäche des Reiters zu. Und er findet deutliche Worte für diejenigen Reiter, die sich ihren Schwächen nicht stellen und sie nicht zu überwinden gewillt sind. „Ein Reiter, der Dressur reitet, da ihm das Geländereiten, die Arbeit mit Bodenricks oder das Springen Furcht einflößen, ist sicherlich ein Reiter mit großen Widersprüchen. Es ist absolut notwendig die Angst vor einem Sturz sowie Angst vor dem Pferd und seinen Bewegungen zu überwinden; gelingt dies nicht, wird die Reiterei nie erfolgreich sein und sollte abgebrochen werden. Niemand kann sich anmaßen ein Pferd in der Kunst der Dressur auszubilden, wenn er nicht über die notwendigen reiterlichen Fähigkeiten verfügt, die durch Balance, Fitness, Gesundheit und das Verständnis für die Natur des Pferdes Sicherheit bieten.“ Und er ergänzt:„Ohne jeden Zweifel ist Mut die wichtigste reiterliche Tugend, in der Tat die wichtigste Tugend im Leben überhaupt Auf sie bauen alle anderen Tugenden auf. Daher ist es unerlässlich, dass der Reiter Dinge anpackt, die wesentlich mehr Mut erfordern als das Herumsteuern eines gefügigen Pferdes in einer eingezäunten Reitbahn.“

Schwerpunkt über dem Schwerpunkt

Damit aus einem Reiter und einem Pferd eine harmonische Einheit wird, muss vor allem eines gegeben sein: Der Reiter muss stets seinen Schwerpunkt mit dem des Pferdes in Einklang bringen. „Bleibt der Reiter hinter dem sich verlagernden Schwerpunkt des Pferdes zurück, so verwehrt er sich vorübergehend der Hilfengebung. Dem Pferd wird auf diese Weise die Initiative überlassen und der Reiter folgt.“ Stetiges Korrigieren des eigenen Schwerpunktes und genaues Erfühlen des Schwerpunkts des Pferdes gehört daher zu den Aufgaben des Reiters.

Überhaupt ist das Gefühl ein bedeutender Faktor. Insbesondere wenn es darum geht ein Pferd an den Zügel zu reiten. Dazu gehört unter anderem auch dies: „Der Reiter muss sich bewusst sein, dass das Gefühl, das ihm die Hand vermittelt, symptomatisch für die Aktivität der Hinterhand ist. Somit kann im Allgemeinen durch Einwirken auf die Hinterhand, nicht auf die Vorhand oder schlimmer noch auf das Pferdemaul korrigiert werden.“ Expertise in diesem Gefühl wird ausschließlich durch das Reiten selbst erlangt. Die Hintergründe müssen aber stets im Bewusstsein bereit stehen, damit Gefühl und Erkenntnis einander ergänzen können.

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