Kladruby nad Labem – die Wiege der Alt-Kladruber

23. Februar 2017

Barockpferde | Ing. Dalibor Gregor und Ing. Milan Vitek | 24.02.2017

Das Landgestüt in Kladruby nad Labem, weltweit eine der ältesten Zuchtstätten, wurde vor 430 Jahren gegründet und wird auch heute noch aktiv betrieben. 100km östlich von Prag, nicht weit entfernt von der Stadt Pardubice in der Schwemmebene der Elbe, liegt die kleine Stadt Kladruby nad Labem. Hier ist das Zuhause des Alt-Kladrubers, dieser wundervollen tschechischen Pferde-Rasse, die einzigartig ist in ihrer vergleichsweise verschwenderischen Schönheit – und dies sowohl im Geschirr wie in der Show. Um die Bedeutung der Zuchtstätte Kladruby nad Labem zu verstehen, ist es sinnvoll einige historische Verbindungen zu erwähnen.

 

Von Beginn an von Pferden geprägt

Der Name der Gemeinde stammt von „ rubáni klád“. Die erste schriftliche Erwähnung stammt aus dem 12.Jahrhundert, als an diesem Platz ein Stall mit Pferdehaltung aufgebaut wurde. Im 14. Jahrhundert regierten die Adligen von Kladruby dieses Gebiet. Ihr Wappen zeigt Hufeisen und das Sigel eines Dokuments aus dem Jahr 1401 weist ebenfalls kleine Hufeisen auf. Im Jahre 1491 wurde der Pardubice Grundbesitz von Vilém de Pernstejn erworben, der im Jahr 1500 zusätzlichen Besitz, einschließlich des Dorfs Kladruby, kaufte. Der Pferdestall wandelte sich allmählich zu einer Zuchtstätte mit einer guten Zucht und einem großem Pferdebestand. Das letzte außergewöhnliche Talent der Familie, Jaroslav von Pernstejn, war königlicher Stallmeister und deshalb eine Legende, weil er in Kladruby Park erstmals spanische Pferde zur Zucht nutzte, die er während seiner Reisen im Jahre 1552 erwarb.

Der römisch-deutsche Herrscher Ferdinand I besuchte 1539 Lord von Pernstejn in Pardubice und lobte ihn für seine exzellente Pferdezucht. Während seiner in den folgenden Jahren anschließenden Besuche verlieh er immer wieder seiner Begeisterung Ausdruck und bekundete ehrliches Interesse daran Flächen zu erwerben. Besonders das Kladruby Wildschutzgebiet hatte es ihm angetan. In seiner Amtszeit wurde die Zucht der Region Kladruby hervorragend beworben und stark vergrößert, nicht zuletzt aufgrund der Türkischen Kriege.

Königliches Gestüt

Das Gebiet Kladruby wurde schließlich von den tschechischen Bürgerständen erworben und Ferdinand I zum Geschenk gemacht. Sein Sohn, König Maximilian II, fügte Kladruby Park im selben Jahr einen Zuchtstall, eine Schmiede und eine Reithalle hinzu. Er brachte von seinen Reisen zu spanischen Verwandten viele Pferde mit in den Kladruby Park. Im Jahre 1575 entstand bei einem Treffen mit seinem Sohn Rudolf auf einer Reise durch den tschechischen Grundbesitz in Kladruby die Idee einen Hof mit Stutenstall zu etablieren. Der Vielschichtigkeit der Ländereien und den guten Voraussetzungen von Wiesen und Weideland mit natürlichen Eingrenzungen kam dabei eine große Bedeutung zu.

Wenn man die nobelsten Pferde für den königlichen Hof züchten wollte, musste das Gestüt über ein gutes System, ein ausgefeiltes Management und eine gute Organisation verfügen. Um dies zu erreichen, setzte Herrscher Rudolf II am 6.April 1579 einen Beschluss auf, der ein Königliches Gestüt begründete. Am 24.April nominierte er Rudolf von Breitenbach als Leiter der Anlage. Dieser Tag ist auch gleichzeitig der offizielle Gründungstag des Königlichen Gestüts Kladruby.

Die Zeit Rudolfs des II (1576-1611) ist bekannt für die großen Fortschritte der Pferdezucht in Böhmen und die Einführung spanischen Blutes in die Zucht. Der Herrscher setzte die weißen Pferde spanischen Blutes gerne auf seinen Reisen ein. Die in Kladruby gezogenen Pferde wurden von Spanien und Italien beeinflusst. Es kamen viele Bewunderer und Züchter, meist aus Mailand und den italienischen Besitztümern, um die „Spanischen Habsburger“ zu begutachten. Die Spanischen Pferde wurden in Kladruby häufig bei der Zucht eingesetzt, da hier vor allem Kutschpferde für die schweren zeremoniellen Kutschen benötigt wurde. Die Pferde sollten kompakt und groß sein.

 

Selektion der Zucht

Leopold der I (1657-1705) erweiterte Kladruby Park, um dort permanent einige hundert Pferde unterzubringen. Die spanischen Zuchtstuten wurden mit importierten italienischen Hengsten verpaart, besonders mit solchen aus Neapel, welche kräftiger waren und damit in der Lage schwere Kutschen zu ziehen. Die Selektion der Exemplare konzentrierte sich auf die Erscheinung, die Leistung, ein kräftiges Gebäude und auf vielseitige Einsatzmöglichkeiten wie für die Kutsche oder akrobatische Vorführungen. Die weißen Alt-Kladruber waren Teil der höfischen Kutschenzeremonie und ein Symbol für die Aristokratie, während schwarze Pferde später zu einem Symbol für die kirchliche Hierarchie wurden. Im Jahre 1661 versendete der Staat 12 Kladruber nach Dänemark, als Geschenk für den dortigen König Frederik III.

In der beachtenswerten Entwicklung von Kladruby gab es jedoch auch herbe Schicksalsschläge. So wurde nach dem Sieg der Armeen von Maria Theresa in Kladruby Park eine Dankesmesse in der dortigen Kirche abgehalten. Dabei brach ein Feuer aus, das neben dem Altarraum auch Teile der Stallungen, Weideland und fast das gesamte Dorf zerstörte.

 

Gründerväter der heutigen Kladruber

Im September 1799 organisierte der Direktor des „Kopcany Zuchtstalls“, Frantisek Václav Gönttner (Sohn von Kristián Arnosta Göttner, Leiter des Kladruber Stutenstall von 1753-1770), eine Lieferung von einigen italienischen Pferden nach Kladruby. Einer von ihnen war der Hengst Pepoli (geboren 1774 in Italien) und sein berühmter Enkel Generale (geboren 1787), diese beiden Hengste stellten die Grundlage der heutigen Population von weißen Alt-Kladrubern.

Das schwarze italienisch-spanische Pferd Sacramoso wurde aus dem erzbischöflichen Zuchtstall in Ries nahe Salzburg nach Kladruby importiert, aber diese Linie starb aus. Eine zweite Linie wurde begründet von dem Hengst Sacramoso von Olomouc (geboren 1800), der aus den Stallungen des Bistums Olomouc stammte. Beide Blutlinien kommen aus der Gegend von Verona und wurden nach dem Besitzer des Polesine Zuchtstalles benannt, Marquis Sagramoso.

 

Reger Pferdehandel

Während der Herrschaft von Francis dem I (1792-1835), wurden von 1828-1835 neue Ställe in Kladruby errichtet – sie sind noch heute als Franzenshof bekannt. Von 1826-1827 wechselte eine komplette englische Pferdezucht von Kopcany nach Kladruby, allein einer der Transporte umfasste einen Bestand von 142 Stuten.

Bis 1918 wurden alle jungen Kladruber Hengste zum Königlichen Hof nach Wien gebracht. Sie kehrten ein paar Jahren später wieder zurück und die besten von ihnen wurden für die Zucht ausgewählt. Ganz besonders gute Pferde, welche am Hof verblieben, kehrten im hohen Alter nach Kladruby zurück, wo sie eine gute Pflege erfuhren und irgendwann eines natürlichen Todes starben. In der Dauer der Monarchie behielt der Wiener Hof regelmäßig ungefähr 500 Pferde in den königlichen Stallungen, des Weiteren zwei schwarze und zwei weiße 8-ter Gespanne mit 36 Pferden als Reserve.

 

Das Stutbuch der Kladruber

Das Landgestüt in Kladruby nad Labem führt seit 1992 ein Stutbuch von Alt-Kladrubern im In- und Ausland, inklusive Beschreibungen und deren Pedigree, welches von heute bis ins Jahr 1750 zurückverfolgt werden kann.

1995 wurden die historischen Gebäude der Anlage, die Basis Herde von 65 Zuchtstuten und vier weißen Alt-Kladruber Hengsten zum Nationalen Kulturerbe erklärt. Seit dem 1.Januar 2002 sind die Alt-Kladruber, die ursprünglichen Stallungen und ihr gesamter historischer Bezug als nationales Erbe deklariert. Zum ersten Mal in der Geschichte wurden lebende Tiere in dieser Liste aufgenommen. Neben architektonischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten wurden 65 Stuten und 4 Hengste dauerhaft auf die Liste gesetzt. Die schwarzen Alt-Kladruber wurden in den Status eines Kulturdenkmals erhoben. Die originalen Zuchtlinien, von denen der Alt-Kladruber abstammt sind lange ausgestorben, aber die Pferde ragen auch heute noch heraus als eine einzigartige Rasse mit barockem Flair.

 

Heutiger Stand der Zucht

Das Landgestüt Kladruby führt ein zentrales Register von Pferden, bestehend aus allen Tieren der tschechischen Republik. Das Gestüt ist ein Beitrag zum Weltkulturerbe und der Alt-Kladruber wird von Kennern der ganzen Welt für seine Schönheit bewundert. Es ist nicht nur ein nationaler tschechischer Schatz, sondern auch weltweit einzigartig.

Die Rasse des Kladruber Pferdes wird erst spät reif, weist sich durch Langlebigkeit aus, sowie durch einen guten Körperbau, Leichtfuttrigkeit und Fruchtbarkeit. Braune und Füchse kommen vor, sind aber die Ausnahme. Schimmel und Rappen werden generell bevorzugt. Die gegenwärtige Population besteht aus acht Blutlinien: White Generale, Favory und Rodolfo, und den Rappen Solo und Siglavy Pakra- beide Farben kommen ebenfalls in den Blutlinien Generalissimus, Sacramoso und Romke vor.

Die weltweite Kladruber Population zählt derzeit etwa 1.500 Pferde – weniger Tiere als bei vielen bedrohten Tierarten zu zählen sind. Die Hälfte der Pferde befindet sich im Landgestüt Kladruby, doch es wird versichert, dass die Rasse nicht genetisch bedroht ist. Der Erhalt der Zucht genießt den Schutz der United Nations Food und Agricultural Organisation, FAO. Eines der Ziele des Gestütes ist Anerkennung der Kladruber Pferde zu einem UNESCO Weltkulturerbe.

Das Ziel ist es, die Alt-Kladruber Rasse mit ihren typischen Vorzügen, charakteristischem Typ, Exterieur und Bewegungen zu schützen und zu bewahren. Die Betonung liegt auf der genetischen Population von Alt-Kladrubern und deren akribischen Schutz der Population. Die Überwachung des Zuchtprogramms unterliegt dem Management des Landgestüts, die Experten-Meinungen zum Stutbuch einholen, ebenso wie den Rat medizinischer- und genetischer Kommissionen zu Körungen und Leistungsprüfungen. Das Zuchtprogramm bildet die Maßeinheit für die Umsetzung einer objektiven Bewertung. Die Zucht macht derzeit eine wertvolle Aufbauphase durch, die fortgesetzt wird in der Selektion nach den Leistungsprüfungen mit zielgerichtetem Training und der Teilnahme an speziellen Wettkämpfen – sowohl vor dem Wagen wie auch bei Vorführungen in anderen Disziplinen.

 

Vielseitige Pferde

In den letzten Jahren erfreut sich das Barockreiten in Europa immer größerer Beliebtheit und die Kladruber Reiter präsentieren sich in Kostümen und Damensattel, was eine besondere Art des Reitens darstellt und viel Kontrolle und Gefühl verlangt. Die Quadrillen sind stets Bestandteil der Barockreiterei, welche normalerweise von acht Schimmeln und acht Rappen von Alt-Kladrubern und Reitern in der Livree gebildet werden. Die Quadrillen Arrangements des Coachs Mack zu historischer Musik sind wunderschön anzusehen und ein fester Bestandteil der Reitertage in Kladruby. Im Ausland gezeigte Quadrillen der Kladruber Reiter vereinen Pferde verschiedener Zuchtställe und verschiedener Rassen, unter anderem Lipizzaner und Friesen.

Ein repräsentatives Team von Alt-Kladrubern nahm an einer Serie von Ausstellungen und Veranstaltungen teil, die in Hamburg, Friedrichshafen, Piber, Neustadt/Dosse, Wien, Pardubice, Lysá nad Labem und an anderen Orten stattfanden. Am 21.August 2008 präsentierte Herr Vozáb während eines Reitertages in Kladruby nad Labem einen Rekord, indem er 22 Pferde in einer Anspannung vorstellte. Die meisten davon waren Zuchthengste, die sich in 11 Tandemanspannungen zeigten. 22 und mehr Hengste im Geschirr, von nur einer Person kontrolliert, das ist definitiv eine Kunst und das Ergebnis von guter Zucht und gutem Training.

 

Ausblick

Der Alt-Kladruber ist ein vielseitiges, intelligentes und ein sanftmütiges Pferd, das für viele Sparten des Pferdesports genutzt werden kann. Im Ursprung als Kutschpferd gezüchtet, beweist sich das Kladruber Pferd bei verschiedenen Shows und zeremoniellen Anlässen, bei unterschiedlichen Reitvorführungen und Turnieren. Die Dressur wird bei Präsentationen auf dem Gestüt Kladruby häufig in Quadrillen vorgeführt, aber auch von Einzelreitern oder als Pas de Deux im barocken Reiten. Ebenso zu sehen sind hohe Dressurlektionen unter dem Sattel und am langen Zügel. Beim Springen werden die Pferde meist für Jagden über natürliche Hindernisse in der Landschaft verwendet. Es gibt auch talentierte Pferde, die sich auf kleinen Springturnieren bewähren. Wegen ihrer Ruhe und Sanftheit eignen sich diese Pferde auch für die Hippo-Therapie und therapeutisches Reiten. Genutzt werden die Kladruber aber ebenso beim Voltigieren und in der Freizeitreiterei.

 

Quelle: Auszug aus dem Buch „National Stud Farm at Kladruby nad Labem“, der Autoren Ing. Dalibor Gregor und Ing. Milan Vitek

Bericht aus dem Magazin Hofreitschule 2/2012

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„Du triffst nicht auf ein Pferd zufällig. Es ist das Schicksal, das dich zu ihm führt.“

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