Kladruber, Hengstlinie Favory, barockpferd, barocke Pferderasse

Der Kladruber hat sich in unterschiedlicher Ausprägung sein barockes Profil bewahrt. Ebenso wird die einst enge Verbindung zwischen Lipizzanern und Kladrubern noch deutlich in den Hengststämmen und Stutenlinien. Dies ist ein Nachkomme der in Kladrub begründeten Hengstlinie Favory, die auch zu den klassischen Hengstlinien des Lipizzaners zählt. / Foto: Barbara Schulte

Der Kladruber bewahrt das barocke Profil

22. Oktober 2024

Bis heute zeichnen sich die Kladruber durch ihr ausgeprägtes barockes Profil aus. Ihre Zuchtstätte zählt zu den weltweit ältesten Gestüten und wurde 2019 zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben. Das im heutigen Tschechien in den Elbauen liegende Gestüt Kladruby geht auf die Herren von Pernstein zurück, die dort um 1540 ein „Pferdegehege“ errichteten. Die Pferde wurden frei auf den weitläufigen Weiden gehalten auf denen nur Holzunterstände Schutz vor widrigen Wetterbedingungen boten.

Schon zehn Jahre später kamen im Auftrag von Kaiser Maximilian II die ersten Spanischen Pferde nach Kladrub. Zu dieser Zeit wurden rund 140 Pferde gehalten, davon 89 Zuchtstuten, allerdings nicht nur Spanier sondern auch Vertreter des bodenständigen, edlen „Equus Bohemicus“ der Herren von Pardubitz.

Am 27. April 1579 wurde das Gestüt von Kaiser Rudolf II. zum Hofgestüt ernannt. In der Folgezeit arbeiteten die kaiserlichen Hofgestüte Lipizza und Kladrub intensiv zusammen und tauschten regelmäßig sowohl Hengste als auch Stuten zur Zucht aus.

Der 1773 in Lipizza geborene Linienbegründer Maestoso wurde beispielsweise ebenfalls in Kladrub eingesetzt. Sein 1778 in Kladrub geborener Sohn, der Apfelschimmelhengst Maestoso Cremona, stand wiederum ab 1795 in Lipizza im Deckeinsatz. 1779 wurde der Falbe Favory in Kladrub geboren, der  eine klassische Lipizzaner-Hengstlinie begründen konnte. Vor allem viele klassische Lipizzaner-Stutenfamilien hatten ihren Ursprung in Kladrub. Die Mehrzahl dieser Stuten waren reinerbige Schimmel, obwohl die Pferde zunächst, wie in Lipizza, in möglichst extravaganten Farben gezüchtet wurden. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Zucht auf Schimmel und Rappen spezialisiert.

Die gemeinsamen Vorfahren von Lipizzanern und Kladrubern, wurden im Barock als „Spanische Pferde“ bezeichnet. Sie wurden sowohl als Reit- als auch als Zugtiere vor leichten Wagen eingesetzt. Erst später, als die Kutschen immer größer, schwerer und prunkvoller wurden, stellte sich die Zucht in Kladrub nach und nach auf einen größeren Typ von mehr Kaliber um. Diese imposanten Karossiers des Wagenschlags erhielten dann später die Rassebezeichnung Kladruber.

Als in ganz Europa der Vollblüter seinen Siegeszug antrat, wurde in den k. und k. Gestüten weiterhin an der Reinzucht von Pferden mit spanischer und spanisch-italienischen Abstammung festgehalten, selbst als diese in ihren Ursprungsländern verdrängt wurden und dort schließlich ausstarben. Daraufhin wurde die Bezeichnung „Altkladruber Pferd“ zum offiziellen Namen der Rasse. Es bestand sowohl eine Schimmel- als auch eine Rappherde. Die dritte Herde von Altkladruber Braunen, die bis in die dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts bestand, litt bedauerlicherweise durch Einkreuzung holländischer Hengste in ihrer Qualität worauf ihre Zucht eingestellt wurde.

Als die Habsburger Monarchie in 1918 zusammenbrach wandten sich die Machthaber der „ersten Republik“ der Tschechoslowakei gegen alles was auf die Habsburger Herrschaft zurück ging, so auch gegen die Pferde des ehemaligen k. und k. Hofgestüts. Sie wurden als ungeeignet für die neuen Ziele des Gestüts erachtet und sollten abgeschafft werden. Kladruby sollte künftig die Deckhengste für die Landeszucht bereitstellen.

So erhielt Kladruby Vollblut und Angloaraber Hengste und Stuten sowohl aus Piber als auch aus Radovec. Die in Kladruby untergebrachten drei Jahrgänge von Lipizzaner Fohlen und Jungpferden wurden 1923 nach Topoľčianky verlegt.

Für einige Zeit wurden noch Kladruber Schimmel der Linien Generale und Generalissimus sowie Rappen der Linen Sacramoso und Napoleone behalten. Die Rappen wurden jedoch als weniger edle gewöhnliche Zugpferde betrachtet und sollten aufgegeben werden. Damit war die einzige über Jahrhunderte in Böhmen gezüchtete Pferderasse dem Untergang geweiht.

Erst 1941 begann ihre Wiederbelebung durch den Einsatz von Professor Dr.phil.et Dr.med. Frantisek Bílek, Dr Sc., der Hochschule für Landwirtschaft in Prag. Die historische Herde sollte als zootechnisches Unikat der Tschechoslowakei erhalten werden. Das Zuchtziel ist nach wie vor ein Galakarossier – ein starkes, für zeremoniellen und repräsentativen Dienst bestimmtes Kutschpferd.

Heute wird das Nationalgestüt Kladruby nad Labem vom Tschechischen Staat gefördert und bezuschusst. Dort werden rund 600 Pferde gehalten. In Kladruby nad Labem befinden sich die Altkladruber Schimmelherde sowie eine kleine Gruppe tschechischer Warmblüter. Zusammen mit einigen Privatpferden stehen 290 Pferde den Stallungen. Im Gestüt Slatiňany befinden sich zurzeit 280 Altkladruber Rappen.

Barbara Schulte

 

Noch heute ist der Kladruber ein imposanter Galakarossier. /  Foto: Barbara Schulte

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„Du triffst nicht auf ein Pferd zufällig. Es ist das Schicksal, das dich zu ihm führt.“

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