„Fit aufs Pferd“- vom Fitnesstest zum individuellen Workout

8. März 2021

In Kombination mit ihrem abgeschlossenen Sport- und Pädagogikstudium ist Iris Charles der Bereich „Fit für’s Pferd“ und dessen methodisch- didaktische Vermittlung ein besonderes Anliegen. 

In jeder Sportart wird ein Grundlagentraining mit anschließender Spezialisierung durchgeführt. Im Reitsport (meistens noch) nicht, da sich hier die Aufmerksamkeit stark auf das Pferd fokussiert und den Reiter als leistungsbestimmenden Faktor wenig berücksichtigt. Dabei könnte die Kooperation zwischen Pferd und Reiter mit einem gezielten Konditions- und Koordinationstraining deutlich verbessert werden.

 

Als begeisterte Sport- und Pädagogiklehrerin beschäftigt sich Iris Charles sehr viel mit dem Thema Fitness. Sie ist zudem als aktive Dressur- Reiterin bis zur schweren Klasse erfolgreich. Sie stellt immer wieder fest, dass sich eine gute Fitness des Reiters nicht nur positiv auf seinen eigenen Körper auswirkt, sondern auch die Zusammenarbeit mit dem Partner Pferd erleichtert und zudem zum psychischen Wohlbefinden von Pferd und Reiter beiträgt.

In einer monatlichen Serie stellt Iris Charles Auszüge aus Ihrem Buch „Fit aufs Pferd“ vor. Ein individuelles Workout zum Training der Körperspannung, Gleichgewichtsfähigkeit, Mobilität, Stabilität, Kraft (Ausdauer) und Beweglichkeit helfen um den Sitz zu schulen und die Hilfengebung beim Reiten zu präzisieren. In dieser Ausgabe wird vorerst Deine eigene Fitness genau unter die Lupe genommen und anwendungsorientiert analysiert. Im weiteren Verlauf wird ein „Mitmach- Workout“ zu den einzelnen oben genannten Disziplinen zusammengestellt. Bei der Übungsauswahl ist bewusst darauf geachtet worden, dass diese einfach und schnell zu Hause, im Stall oder im Büro, ganz individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasst, durchgeführt werden können. Auf den Einsatz von Materialien wird weitgehend verzichtet, um den Trainingsaufwand möglichst gering zu halten und fit werden zu können, ohne dass man dafür extra in ein Fitnessstudio gehen muss.

 > Es soll einfach (sein und) Spaß machen!

 

Teil I- Fitnesstest:

 

Überprüfe selbst wie fit Du bist und mach den Fitnesscheck:

Beim Reiten kommt es auf gute konditionelle Fähigkeiten an. Darüber hinaus spielen auch die Körperspannung, die Gleichgewichtsfähigkeit, die Mobilität und die Stabilität im Sattel eine entscheidende Rolle. Je besser die oben genannten Fähigkeiten ausgebildet und trainiert sind, desto einfacher wird es dem Reiter fallen, ohne Verspannungen auf dem Pferd zu sitzen und die Hilfen differenziert geben zu können. Dies wiederum führt zu einer besseren Verständigung zwischen dem Reiter und seinem Pferd und somit automatisch zu einer verfeinerten Kommunikation. Um herauszufinden auf welchem Trainingsniveau Du Dich befindest, gibt es zu jedem Bereich einen Test, der Dir zeigt, ob Du bereits auf einem guten oder sehr hohen Trainingsstand bist oder, ob ein Training sinnvoll ist.

 

Die Übungen sind von jedem Reiter schnell und einfach zu absolvieren. Die Grundlage bilden wissenschaftlich belegte Tests, wie der Münchener Fitnesstest und der Motoriktest (MOT). Da diese Aufgaben nicht explizit für den Reitsport anwendbar sind, wurde vor dem Hintergrund jahrelanger Erfahrung eine Modifizierung speziell für Reiter vorgenommen und auf einen aufwendigen Testaufbau verzichtet. Die Auswertung beschränkt sich hierbei auf drei Kategorien:

 

  1. „Top“ – sollte gehalten werden
  2.  „Gut“ – schon ganz gut, aber da geht noch mehr
  3. „Naja“ – sollte besser trainiert werden, um „Fit aufs Pferd“ zu werden

 

Diese Einteilung gibt eine einfache und direkte Auskunft über den jeweiligen Trainingszustand.

 

Alles was Du für den Fitnesscheck, neben der eigenen Motivation erfolgreicher zu werden, benötigst, ist eine bequeme Hose und ca. 10 Minuten Zeit.

 

LOS GEHT’S…

 

Übung 1:

Zur Überprüfung der Körperspannung eignen sich „Planks“ besonders gut. Gehe dazu in den Unterarmstütz, spanne Deinen gesamten Körper an und halte ihn gerade. Der Blick ist zur Matte gerichtet um den Nacken nicht übermäßig zu beanspruchen.

 

„Top“: 60 Sekunden und mehr

„Gut“: 40 Sekunden

„Naja“: weniger als 20 Sekunden

Wichtig: Nicht ins Hohlkreuz gehen, da dies die Lendenwirbelsäule zu stark belastet.

Das Gesäß sollte ebenfalls nicht nach oben gestreckt werden, da dies eine Ausgleichsbewegung darstellt und somit natürlich kein „IST- Zustand“ ermittelt werden kann.

Übung 2:

Zur Überprüfung der Gleichgewichtsfähigkeit ist der Einbeinstand mit geschlossenen Augen sinnvoll. Stelle Dich gerade hin, strecke die Arme im 90 Gradwinkel zur Seite und winkele ein Bein zu 90 Grad an. Versuche die Übung jeweils mit dem rechten und linken Bein- hier kannst Du feststellen ob es ggfs. Dysbalancen gibt.

 

Wichtig: Je unebener der Untergrund desto komplexer die Übung! Für den Test solltest Du vorerst einen ebenen Untergrund wählen.

 

„Top“: 30 Sekunden und mehr

„Gut“: 20 Sekunden

„Naja“: weniger als 15 Sekunden

 

Übung 3:

Um die Mobilität zu überprüfen gibt das Rumpfbeugen einen guten Überblick. Stelle Dich mit durchgestreckten Beinen hin und versuche (ohne die Beine zu beugen) mit den Händen den Boden zu berühren und dies mindestens 2 Sekunden zu halten.

 

Wichtig: Wenn Du Dir unsicher bist, ob Deine Beine durchgestreckt bleiben, frage jemanden, der Dir dazu ein Feedback geben kann.

 

„Top“: Die ganze Hand liegt entspannt auf dem Boden

„Gut“: Die Fingerspitzen berühren den Boden

„Naja“: Die Hände bleiben auf Höhe der Knöchel, oder darüber

Übung 4:

Die Stabilität, und gleichzeitig die Koordination, kann überprüft werden, indem Du in die Standwaage gehst.

Dazu beuge Dein Standbein leicht, kippe den Oberkörper nach vorne, bis er fast parallel zum Boden ist und strecke das gegengleiche Bein gerade nach hinten, so dass die Oberlinie nahezu eine Gerade bildet. Die Arme werden seitlich ausgestreckt.

Wichtig: Führe diese Übung mit beiden Beinen durch und beobachte mit welchem Bein es Dir leichter oder schwerer fällt. Meistens ist die Seite, die Dir schwerer fällt, die Seite, auf der Du auch Probleme beim Reiten hast.

„Top“: 60 Sekunden und mehr

„Gut“: 40 Sekunden

„Naja“: weniger als 20 Sekunden

 

Übung 5: Beim Reiten kommt es auf eine gute Kraftausdauer, besonders im Bereich der Bauch- und Rückenmuskulatur, an. Zur Überprüfung setze Dich hin und hebe die Beine so weit an, dass die Unterschenkel parallel zum Boden sind. Ziehe dann die Fußspitzen an, so dass die Füße im 90 Gradwinkel zum Unterschenkel sind. Neige dann den Oberkörper ca. 45 Grad nach hinten und halte die Hände auf Höhe der Knie. Du kannst die Übung gut auf dem Boden, auf einem Hocker oder auf einer Bank durchführen.

 

Wichtig: Achte darauf, dass Du nicht in ein Hohlkreuz fällst, da dies nicht gut für die Lendenwirbelsäule ist.

 

„Top“: 60 Sekunden und mehr

„Gut“: 40 Sekunden

„Naja“: weniger als 20 Sekunden

 

Übung 6:

Um aufrecht auf dem Pferd sitzen zu können, ist die Beweglichkeit eine wichtige Komponente. Um dies im Bereich der Schulter-, Brust- und seitlichen Rumpfmuskulatur zu überprüfen, lege Dich auf die linke Seite und winkle das rechte Bein vor dem Körper an. Halte dann das rechte Knie mit der linken Hand am Boden. Nun schaue nach rechts und drehe den Oberkörper ebenfalls nach rechts. Nun senke langsam den rechten Arm soweit wie es geht zum Boden.

 

Wichtig: Achte darauf, dass das Knie nicht vom Boden abhebt und Du weiter atmest. Erzwinge es nicht mit dem Arm den Boden zu berühren wenn die Dehnung unangenehm ist. Arbeite lieber in Ruhe daran!

 

„Top“: Die Hand berührt bei gestrecktem Arm entspannt den Boden

„Gut“: Die Finger der Hand schaffen es nur ganz kurz den Boden zu berühren, da es in der rechten Brustvorderseite und in der Schulter zieht

„Naja“: Die Hand kann den Boden nicht berühren

 

Testauswertung:

Du hast es geschafft- Herzlichen Glückwunsch zum absolvierten Fitnesscheck!!!

 

Nach jeder Übung siehst Du direkt Deine Auswertung. Trage in die Tabelle ein, welche Übungen schon „Top“ oder „Gut“ waren und wo Du Trainingsbedarf hast. In die Spalte „Fazit“ erhältst einen Gesamtüberblick. In den nächsten Ausgaben erfährst Du dann wie Du fitter aufs Pferd kommst, oder Deinen Trainingszustand mit schnellen und einfachen Übungen erhalten kannst, falls schon alles ganz gut war.

 

Disziplin:

„Top“:

„Gut“:

„Naja“:

1. Körperspannung

 

 

 

2. Gleichgewicht

 

 

 

3. Mobilisation

 

 

 

4. Stabilisation

 

 

 

5. Kraftausdauer

 

 

 

6. Beweglichkeit

 

 

 

Fazit:

 

 

 

 

Wer vorher schon Lust hat etwas zu tun, und nicht bis zur nächsten Ausgabe warten möchte, kann selbstverständlich alle Testübungen auch als Trainingsaufgaben durchführen und beobachten, wie sich der eigene Trainingszustand bereits in vier Wochen verbessert…


Über die Autorin:

Die Fitness- Expertin Iris Charles ist seit Kindesbeinen verrückt nach Pferden und Sport. Sie versucht stets im Einklang mit ihren Pferden, ihre sportliche Zielen zu erreichen, sie aber trotzdem so artgerecht wie möglich zu halten, mit ihnen ins Gelände zu gehen, einen Sprung zu machen, auch mal ohne Sattel zu reiten, mal Doppellonge zu machen und dann natürlich auch die dressurmäßige Arbeit so abwechslungsreich zu gestalten, dass die Pferde Spaß bei der Arbeit haben und gesund bleiben.

Ihre Pferde versteht sie als langfristige Partner, die sie fast alle gerade angeritten oder noch roh bekommen und in der Dressur selbstständig bis zu S*** ausgebildet hat.

Renommierte Trainer wie Michael Putz, Jean Bemelmans, Johan Zagers und Günther Festerling haben Iris Charles auf ihrem reiterlichen Werdegang begleitet und sie immer wieder mit wertvollen Anregungen inspiriert.

 

Da sie während ihrer Schul- und Studienzeit im örtlichen Reitverein Ponykinder und Jugendliche unterrichtet hat, war der Erwerb der Reitwart- und  Amateurreitlehrerlizenz eine logische Folge. In Kombination mit ihrem abgeschlossenen Sport- und Pädagogikstudium ist ihr der Bereich „Fit für’s Pferd“ und dessen methodisch- didaktische Vermittlung ein besonderes Anliegen. Ihr geht es hier besonders um die Verbesserung der eigenen motorischen Fähigkeiten anhand von praktischen Übungen, die schnell und einfach durchführbar sind, um ein besseres Sitzgefühl und damit verbunden eine verbesserte Hilfengebung zu erlangen. In Ihrem Buch „Fit aufs Pferd“, erschienen im Kosmosverlag, gibt sie wertvolle Tipps wie man Fitness und Reiterei gewinnbringend kombinieren kann. Ein Fitnesstest, schnelle 7- Minuten- Workouts und verschiedene Module zur Verbesserung des Reitersitzes laden den Reiter ein aktiv zu werden und mit Hilfe kleiner Veränderungen große Verbesserungen in der Kommunikation zum Pferd zu erreichen.

 

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„Du triffst nicht auf ein Pferd zufällig. Es ist das Schicksal, das dich zu ihm führt.“

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