Geschichte des Gestüts Lipica und der Lipizzaner
2. Februar 2021
Der Ursprung von Lipica ist eng mit dem Habsburger Adel verbunden. Pferde waren zu der damaligen Zeit ein strategisches Gut, das galt besonders für Spanische Pferde. Da im Karstgebirge ein ähnliches Klima herrscht wie in Spanien, wurde im 16. Jahrhundert die Sommerresidenz des Erzherzogs Karl zum Hofgestüt umfunktioniert.
Auf- und Ausbau der Pferdezucht
Die Grundlage der Zucht stellten 24 Zuchtstuten und 6 Deckhengste. Im 18. Jahrhundert wurden mehrere neue Gebäude gebaut und die Zucht wuchs weiter an. Im Jahr 1729 begann in Wien der Bau der Hofreitschule für Hofzeremonielle. Bereits bei ihrer Eröffnung im Jahr 1735 wurden 54 Lipizzanerhengste präsentiert.
Zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia entwickelten sich die Lipizzaner, wie wir sie heute kennen. Von über 20 Zuchthengsten aus dem 18. Jahrhundert haben sich bis heute die vier folgenden Hengstlinien erhalten: Pluto (1765), Conversano (1767), Favory (1779), Neapolitano (1790). Im Jahr 1816 wurde ein Araber Hengst eingesetzt. Er wurde Stammhalter der fünften Lipizzaner-Hengstlinie Siglavy (1810). Mit dem Hengst Maestoso Buda (1821), der von dem Kladruberhengst Maestoso X abstammte, begann die sechste klassische Linie.
Aktuell sind im Gestüt Lipica etwa 350 Lipizzaner beheimatet. Jedes Jahr werden 25-30 Fohlen geboren, sodass immer ausreichend Nachwuchs-Pferde vorhanden sind. Piber und Lipica kooperieren im Hinblick auf die Zuchtstuten und Deckhengste und tauschen sich aus, um eine eventuelle Inzucht zu vermeiden. Nach der Geburt der Fohlen bleiben die Stuten für eine Woche im Laufstall, bevor sie dann in die Herde integriert werden. Täglich kommen die Stuten und Fohlen auf große Koppeln, am Abend werden sie jedoch wieder in die Ställe gebracht, um immer ein kontrollierendes Auge auf den Nachwuchs werfen zu können. Im Herbst schließlich werden die Fohlen von ihren Müttern getrennt. Die Jungstuten verbleiben in Lipica, die Junghengste wachsen in einem Gehöft ca. 30 km entfernt von Lipica auf. Mit der Ausbildung der jungen Pferde wird im Frühjahr begonnen. Die Hengste kommen in die klassische Reitschule, Stuten werden für die Stutenleistungsprüfung ausgebildet.
Kriegswirren
Dass heute wieder ein beachtlicher Pferdebestand in Lipica vorhanden ist, scheint nach einem Blick auf die historischen Verwicklungen kaum zu glauben. Aufgrund der Kriege im Laufe der Jahrhunderte musste das gesamte Gestüt mehrmals verlassen und mitsamt des Pferdebestandes evakuiert werden. Das erste Mal wurde eine Flucht bereits Ende des 18.Jahrhunderts notwendig. Als Napoleons Armee über Venetien in Richtung Krain und Štajersko immer näher rückte, flüchtete man am 22. März 1797 mit insgesamt 300 Pferden aus Lipica in das ungarische Székesferhérvar. Als am 17. Oktober 1797 der Friede von Campofornio geschlossen wurde, kehrten die Lipizzaner zurück nach Lipica.
Nach dem Friedensabkommen von Schönbrunn, im Jahr 1809, gehörten Triest und Krain zu Frankreich, was den Kaiser zu der Entscheidung zwang, die Lipizzanerherde von 289 Pferden erneut zu übersiedeln und sie nach Pecsko in die Nähe von Meszoehegyes (Ungarn) zu bringen. Sie kamen dort am 27. Juni 1809 an und blieben vorerst dort.
Nach der Schlacht bei Leipzig 16.-18. Oktober 1813 und der Wiener Konferenz (November 1814 bis 9. Juni 1815) gehörte Lipica wieder zu der österreichisch-ungarischen Monarchie. Die Herde kehrte nach Lipica zurück, wo die beschädigten Stallungen und andere Objekte wieder aufgebaut wurden.
Ein Erdbeben im Jahr 1802, bei dem einige der besten Zuchthengste ums Leben kamen, und grassierende Infektionskrankheiten während der französischen Besatzung haben den Pferdebestand deutlich dezimiert. Zudem waren die ursprünglichen Zuchtbücher während der napoleonischen Kriege verloren gegangen. In der Konsequenz wurden die Stammbaumbücher der überlebenden Pferde erneuert und ab diesem Zeitpunkt die Zuchtbücher in doppelter Ausfertigung geführt. Die erste dient dem Gestüt als Arbeitsbuch, die zweite wird im kaiserlichen Schloss Hofburg in Wien aufbewahrt. Die ältesten Eintragungen im Zuchtbuch beziehen sich auf Pferde, die im Jahr 1810 geboren wurden, sie beinhalten aber auch Verzeichnisse über ihre Vorfahren, so handelt es sich bei den ältesten Angaben um die Stute Golomba, geb. im Jahr 1738.
Als Italien am 18. Mai 1915 in den Krieg trat, wurde vom Kaiser unverzüglich der Abzug aus Lipica befohlen. Zum vierten Mal mussten die Lipizzaner die Flucht aus dem Gestüt ergreifen, der letzte Zug mit den Pferden fuhr am 29. Mai 1915 ab. Die Hengste und Stuten wurden nach Laxenburg in der Nähe von Wien übersiedelt, 137 Jungtiere zogen weiter in das kaiserliche Gestüt Kladrub in Böhmen (Tschechien).
Ende des Ersten Weltkrieges gehörte Lipica zum italienischen Staatsgebiet. Alle Pferde wurden von der Tschechoslowakei beschlagnahmt. Es benötigte langwierige Verhandlungen, um 109 Pferde aller sechs klassischen Linien nach Lipica zurückzuholen. Aus Laxenburg bei Wien wurden 107 Lipizzaner sowie die zweite Ausführung der Zuchtbücher übergeben. Mit diesen Pferden wurde die Zucht in Lipica von den Italienern wieder aufgebaut.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden alle Lipizzaner samt der Stammbücher ins Sudetenland gebracht. Nach dem Jalta-Abkommen gehörte dieses nun zur Sowjetzone und die Existenz der Pferde aus dem Urgestüt war gefährdet. 1945 führten die Amerikaner unter General Patton eine wagemutige Aktion durch und überführten alle Pferde nach Schwarzenberg, ein Gebiet, das unter dem Kommando der Vereinten Nationen stand. Oberst Podhajsky bat General Patton kurz danach, auch die Lipizzanerhengste aus Wien unter Militärschutz zu stellen. Die Hengste wurden daraufhin nach St. Martin übersiedelt. Auch als sich die alliierten Truppen zurückzogen, gehörte Lipica zum jugoslawischen Staatsgebiet. Dem Gestüt wurden von der gesamten Herde, die während des Zweiten Weltkrieges von deutschen Truppen konfisziert wurde, lediglich elf Pferde zurückerstattet.
Moderne Ausbildungsstätte mit Erfolg
Im Jahr 1952 wurde unter der Leitung des russischen Trainers Akarov eine Abteilung für die Hohe Schule und Dressur gegründet. Der erste internationale Auftritt fand im Jahr 1956 statt, die Stute „Thais IX“ nahm 1956 beim internationalen Dressurturnier in Wien und später auch in Aachen erfolgreich teil. Im Jahre 1984 nahm einer der derzeitigen Oberbereiter Alojz Lah mit Maestoso Monteaura an den Olympischen Spielen in Los Angeles teil. Seit dem Jahr 1985 werden in Lipica FEI Turniere organisiert. Im derzeitigen Weltmeisterschaftsteam der Fahrer sind Mitja Mahorcic, Dusan Mavec und Stojan Moderc.
Der Lipizzaner ist ein Spätentwickler. Er wird erst 4-jährig angeritten und schonend ausgebildet. 6-jährig wird spielerisch mit der Basis der Arbeit an der Hand begonnen wie mit Seitengängen, Halten und Rückwärtsrichten etc. So erkennt man spielerisch, welches Pferd welche Talente entwickelt.
Lipica ist eine der wenigen Schulen, welche immer schon weibliche Bereiter zugelassen haben. Die Bereiter müssen nicht nur die Pferde ausbilden, sie müssen sich auch als gute Trainer erweisen und stellen den Eleven gut ausgebildete Pferde zur Verfügung. Sobald sich der Sitz des Eleven gefestigt hat, erhält er mit Unterstützung eines erfahrenen Bereiters einen jungen Hengst, den er anreitet und ausbildet. Schon bald dürfen die Eleven die jungen Hengste in der speziellen Jungpferdequadrille in den Vorführungen vorstellen. Auch um die weitere Ausbildung des Hengstes kümmert sich der Eleve und klettert so die Karriereleiter zum Bereiter empor.
Teile den Beitrag!
Hat Dir der Artikel gefallen?
Dann bedanke Dich bei uns mit einer Tasse Kaffee!
Deine Spende, egal wie hoch, hilft das Du das Magazin weiterhin kostenlos lesen kannst!