Das spanische Pferd: eine der meist verwendeten Veredlerrassen weltweit

9. Dezember 2017

Pferderassen | Rebecca 

Das spanische Pferd, heute Pura Raza Española (PRE), genannt, gehört zu den ältesten Reitpferderassen der Welt. Ob als mutiges Schlachtpferd, stolzes Reittier der Könige oder talentiertes Dressurpferd, das spanische Pferd hat seit jeher eine große Rolle an der Seite des Menschen gespielt und war maßgeblich an der Entstehung der modernen Reitlehre beteiligt. Kein Wunder also, dass es sehr häufig eingesetzt wurde, um  andere Pferderassen zu veredeln oder neue Rassen zu gründen.

In Spanien selbst ist der Hispanoaraber als beliebte Kreuzung bekannt. Diese Kombination bringt Pferde von außerordentlicher Schönheit hervor und vereinigt den guten Charakter und die Robustheit des PREs mit der Bewegungsfreude und Widerstandsfähigkeit des arabischen Pferdes.

Vor allem im spanischen Süden wird außerdem der Anglohispanoaraber (Vollblut x Araber x PRE) gezüchtet, der bevorzugt in der Rinderarbeit eingesetzt wird und in dieser Disziplin, der „doma vaquera“, auch auf Turnieren vorgestellt wird.

Lusitano und Lipizzaner zeigen zum Beispiel deutliche Ähnlichkeiten mit ihrem Gründervater, dem spanischen Pferd. Es gibt aber auch Rassen, bei denen der Einfluss des PREs nicht offensichtlich ist.

Einige Beispiele:

 LUSITANO (Portugal): bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts hatten spanische und portugiesische Pferde ein gemeinsames Stutbuch. Man kann also sagen, dass es sich genetisch um das selbe Pferd handelt. Iberische Pferde aus Spanien wurden Andalusier und solche aus Portugal wurden Lusitano genannt. Erst mit Trennung der Stutbücher wurden die Begriffe Pura Raza Española und Puro Sangue Lusitano (PSL) eingeführt. Dass sich die beiden Rassen heutzutage voneinander unterscheiden, liegt vor allem an der Geschichte und unterschiedlichen Entwicklung der beiden Länder Spanien und Portugal. Die Spanier legten in ihrer Zucht viel Wert auf Eleganz und Schönheit, die Portugiesen hingegen züchteten ein robustes, leistungsfähiges Arbeitspferd, das auch für den Einsatz im berittenen Stierkampf einsatzfähig sein sollte. Die bedeutendsten Unterschiede: Das Stirn-Nasen-Profil des Lusitanos ist im Vergleich zum spanischen Pferd häufig geramst, die Gruppe ist abfallender und die Bewegungen sind flacher, aber kraftvoller.

 

LIPIZZANER (Österreich): 16. Jahrhundert: Ferdinand I., der spätere Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, wuchs in Spanien auf und brachte von dort spanische Pferde mit nach Österreich. Mit ihnen wurde die Wiener Hofreitschule gegründet und die klassische Dressur gelehrt. Auch das slowenische Lippizanergestüt „Lipica“ wurde 1580 auf der Basis von 9 spanischen Hengsten und 24 spanischen Stuten gegründet. Durch Kreuzungen mit arabischen und Berber-Pferden entstand der Lipizzaner, der neben dem PRE als Prototyp des barocken Pferdes gilt.

 

NORIKER (Österreich): Dieses schwere und widerstandsfähige Zugpferd entstand zu Lebzeiten von Julius Ceasar und wurde als Truppen- und Arbeitspferd eingesetzt. Vom 16. bis 19. Jahrhundert wurde die Rasse mit Neapolitanern und spanischen Pferden veredelt.

 

ENGLISCHES VOLLBLUT (England): Pferderennen wurden in Großbritannien bereits zu Zeiten der römischen Besatzung veranstaltet, damals noch mit den einheimischen, besonders schnellen, Gallowayponys. Sowohl im 11., als auch im 15. und 17. Jahrhundert wurden in der Entwicklung des englischen Vollbluts Einkreuzungen spanischer und italienischer Pferde verzeichnet. Durch die weitere Veredelung mit drei orientalischen Hengsten im 17. und 18. Jahrhundert gelangte die Rasse zu dem heute bekannten Erscheinungsbild.

 

TRAKEHNER, WESTFALE und OLDENBURGER (Deutschland): Auch in den deutsche Sportpferderassen findet sich spanischer Bluteinfluß. So sind unter den ca. 200 Beschälern des Trakehner Hengstbuches in der Zeit bis 1800 auch zehn spanische Hengste verzeichnet. Auf alten Gemälden von Oldenburger Pferden erkennt man Ramsköpfe, hoch aufgesetzte Hälse und hohe „Knieaktion“. Anton Günther von Oldenburg führte im 17. Jahrhundert unter anderem spanische Stuten und Hengste ein, die er den Bauern als Zuchttiere zur Verfügung stellte. Im Pferdeland Westfalen wurden im 18. Jahrhundert elf ausländische Pferde zur Veredelung des heimischen Blutes eingeführt, darunter auch spanische Pferde. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden dann nochmals andalusische Hengste eingekreuzt, die beim Durchmarsch der spanischen Division gegen einheimische Pferde eingetauscht wurden.

 

KLADRUBER (Tschechische Republik): Das Gestüt Kladruby ist eines der ältesten Gestüte der Welt und hat die einzige bestehende tschechische Rasse hervorgebracht. Der Kladruber entstand aus einer Kreuzung von italienischen Neapolitanern mit spanischen Pferden mit dem Ziel, ein Wagenpferd für die imperialen Truppen zu züchten. Die Rasse ähnelt den iberischen Pferden sehr, hat ein noch konvexeres Profil als der Lusitano und mittlerweile ein Durchschnittsstockmaß von 1,70 m.

 

FREDERIKSBORGER (Dänemark): Der Frederiksborger entstand im 16. Jahrhundert aus Kreuzungen zwischen spanischen Pferden und italienischen Neapolitanern. Durch weitere Veredelungen mit arabischen und englischen Vollblütern entstand ein sportliches Reit- und Fahrpferd. Der Frederiksborger-Hengst „Pluto“ ist einer der Stammväter des Lipizzaners. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Zucht aufgetrennt und weitere Einkreuzungen vorgenommen. Es entstand eine Linie für Fahrpferde und eine für Reitpferde, die als Grundstamm für das dänische Warmblut gilt. Der Frederiksborger ist heute vom Aussterben bedroht.  

 

KNABSTRUPPER (Dänemark): Der Knabstrupper entstand im 17. Jahrhundert durch eine Kreuzung von Frederiksborger Pferden mit dem aus Jerez de la Frontera stammenden spanischen Hengst Superbe. Die besondere Fellfarbe, Tigerschecke genannt, entwickelte sich Anfang des 19. Jahrhunderts, als die spanische Rotschimmelstute Flaebe von einem Knabstupperhengst gedeckt wurde, der wiederum von Superbe abstammt. Das Hengstfohlen, Flaebestallion genannt, war das erste Pferd mit der besonderen Tigerscheckung und gilt als Stammvater der Rasse Knabstrupper. Die Stute Flaebe gebar noch weitere gescheckte Fohlen, worauf der Zuchtstamm begründet werden konnte. Die Rasse ähnelt im Erscheinungsbild sehr dem alten, barocken Typ des spanischen Pferdes. Leider ist sie heute aufgrund wahlloser Einkreuzungen fast ausgestorben und der Begriff „Knabstrupper“ wird mittlerweile eher als Farbbezeichnung verwendet.

 

SCHWEDISCHES WARMBLUT – SWB (Schweden): Ursprünglich als Militärpferd entstanden, erfreut sich das SWB heutzutage nicht nur in seiner Heimat, sondern auch in den USA, als Sportpferd in Dressur und Springen großer Beliebtheit. Diese Rasse begründet sich auf der Kreuzung von einheimischen Pferden mit spanischen, orientalischen Pferden und Friesen. Später wurden außerdem Vollblüter, Araber, Trakehner und Hannoveraner eingekreuzt und verhalfen dem SWB zu seinem heutigen Aussehen und seiner sportlichen Vielseitigkeit. 

 

FRIESE (Holland): Der Friese stand ursprünglich im Kaltbluttyp und wurde als Fahrpferd gezüchtet. Als die Niederlanden im 16. Jahrhundert von spanischen Truppen besetzt wurden veränderte der Einfluss von spanischen Pferden das Bild des Friesen maßgeblich. Der moderne Friese ist als elegantes und feingliedrigeres Pferd mit sehr gutem Charakter bekannt. Er beeinflusste wiederum als Veredler die Rassen Fellpony, Welshpony, Morgan und Shire Horse.

 

SALERNER (Italien): Eine Rasse, die außerhalb der Landesgrenze nicht sonderlich bekannt ist, obwohl gleich drei Exemplare im Laufe der 50er bis 70er Jahre als Springpferde durch die Teilnahme an den olympischen Spielen von sich reden machten. Der Salerner entstand aus der Kombination von italienischen Pferden aus den Regionen Maremma und Salerno mit Neapolitanern und spanischen Pferden. Zu ihrer Sportlichkeit gelangten sie durch Einkreuzung von Vollblutpferden.

 

CONNEMARA (Irland): In der Seeschlacht zwischen Spanien und England im 16. Jahrhundert  wurden die Flotten des spanischen Königs Felipe II vor der Küste Großbritanniens versenkt. Man geht davon aus, dass es einigen der Kriegspferde gelang, von den sinkenden Schiffen an Land zu schwimmen. Dort vermischten sie sich mit keltischen Ponys und es entstand das Connemarapony, ein Miniaturabbild des spanischen Pferdes.

 

BOULONNAIS (Frankreich): Das Kaltblutpferd der Rasse Boulonnais, auch „der weiße Marmorkoloss“ genannt, kann als gigantisches Abbild des spanischen Pferdes bezeichnet werden. Zu Zeiten von Julius Ceasar als schweres Militärpferd im Nordosten Frankreichs entstanden, wurde dieses Kaltblutpferdes im 17. Jahrhundert mit arabischen und spanischen Pferden veredelt. Mit einer überwiegenden Anzahl an Schimmeln und einem runden, harmonischen Körperbau, könnte man den Boulonnais als übergroße Ausgabe des Barockpferdes bezeichnen.

 

MUSTANG (USA): Der Mustang stammt ursprünglich von den Pferden spanischer Eroberer ab, angefangen mit Christoph Columbus, der Ende des 15. Jahrhunderts Amerika „entdeckte“. Auch in den folgenden hundert Jahren kamen weitere spanische Pferde mit Schiffen nach Amerika. Einige von ihnen entkamen oder wurden freigelassen und vermischten sich im Laufe der nächsten dreihundert Jahre mit den Pferden der neueren Siedler. Es entwickelte sich ein hartes und ausdauerndes Pferd, der halbwilde Mustang. Aus ihm wiederum entwickelten die Cowboys die Rassen Appaloosa und Quarter Horse.

 

PASO PERUANO (Peru): Man geht davon aus, dass der Paso Peruano aus einer Kreuzung von Spaniern und Berbern entstand. Dem spanischen Pferd und seiner hohen „Knieaktion“ verdankt er seine Spezialgangart, den „Paso LLano“, eine weiche, runde laterale Viertaktbewegung (ähnlich dem Tölt), die durch gezielte Zucht verstärkt und zum Rassetypus gemacht wurde.

 

PASO FINO (Domenikanische Republik): Im Jahr 1500 gelangten sechzig spanische Stuten für die Zucht von Arbeitspferden auf die Insel Hispaniola, heute Domenikanische Republik genannt. Dank ihnen war es den spanischen Siedlern möglich, ihre Haciendas auszuweiten und zu bewirtschaften. Im Lauf der Jahre durch amerikanische Gangpferderassen veredelt, zeigt der Paso Fino verschiedene, besonders weiche Töltvarianten. Daher auch der Rassename Paso Fino (dt.: weicher Schritt). Das Rassebild beschreibt ein kleines, zierliches, aber widerstandsfähiges Pferd mit edlem Kopf und dichter Mähne.

 

Quellen:

 

VON DER LEYEN, KATHARINA und KILPER, THOMAS (2003): Das spanische Pferd – Pura Raza Española. BLV Verlagsgesellschaft mbH, München.

ASOCIACIÓN NACIONAL DE CRIADORES DE CABALLOS DE PURA RAZA ESPAÑOLA (Nr. 237, September – Oktober 2017): El caballo español – PRE. Magazin über das reinrassige spanische Pferd

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