Schnaubt Ihr Pferd ab?

8. September 2016

Ausbildung | Andrea Lipp

Losgelassenheit ist als Element der Skala der Dressurausbildung sehr vielen Reitern bekannt, aber woran erkennen Sie ob Ihr Pferd losgelassen ist? Was bedeutet Losgelassenheit? Losgelassenheit kann in die physische und psychische Losgelassenheit unterteilt werden.

Unter der psychischen Losgelassenheit verstehen wir ein mental entspanntes Pferd. Das Pferd fühlt sich wohl in der jeweiligen Situation, bei der Arbeit im Dressurviereck, dem Ausritt im Gelände, usw. Angst, Aufregung, Zappeligkeit, hektisches Kauen, Schweif schlagen, verkrampfter Gesichtsausdruck, Davoneilen, dies sind alles Zeichen, dass Ihr Pferd noch nicht losgelassen ist. Ein psychisch losgelassenes Pferd, arbeitet freudig mit seinem Reiter, ist am Sitz bei leichtestem Kontakt zum Maul und wartet in positiver Spannung auf die nächste Regieanweisung seines Reiters. Es empfindet Freude an seinem Tun und kann sich mental in die Arbeit einbringen.

Zwingend notwendig neben dem in der Arbeit mit Ihnen sich wohlfühlenden Pferd ist auch die physische Losgelassenheit. Dies bedeutet Sie bringen Ihr Pferd über die Arbeit zum Schwingen. Die Wirbelsäule des Pferdes bewegt sich frei in ihrer natürlichen Lage, die Bewegungsenergie fließt vom Motor Hinterhand in allen Gangarten von hinten bis vorne in die Zügelhand. Ihr Pferd ist in horizontaler und vertikaler Balance. Es hebt sich in den Schultern bei aktivem Bewegungsfluss, trägt sich selbst und stützt sich nicht in Ihrer Hand. Dennoch haben Sie einen weichen Kontakt an beiden Zügeln. Ihr Pferd ist aber auch zu beiden Seiten gleich beweglich. Alle Seitengänge sind möglich, nur so können Sie Ihr Pferd reell geraderichten.

Achtung! Wichtig ist, dass beide Elemente der Losgelassenheit zwingend erfüllt sind. Ich sehe immer wieder Reiter und auch falsch verstandene Arbeit an der Hand, wo das Pferd untertourig im Schleichschritt daherlatscht. Der Rücken hängt, das Pferdchen fühlt sich mental wohl im Schleichgang, ist aber nicht mehr fähig, die Bewegungsenergie aus der langsamen Arbeit nach vorne sprudeln zu lassen. Diese Pferde sind physisch nicht losgelassen. Das Element „Losgelassenheit“ der Skala der Dressurausbildung ist somit nicht erfüllt. Wir wollen die schwingende und nicht hängende Wirbelsäule. Pferde sind Lauftiere und brauchen auch das aktive Vorwärts um sich entspannen. Hier kann nicht oft genug gesagt werden, dass langsam reiten nicht automatisch Versammlung bedeutet.

Ein elementares und zwingend erforderliches Zeichen der Losgelassenheit ist das Abschnauben. Schnaubt Ihr Pferd nie bei der Arbeit ab, sollten Sie Ihre Arbeit intensiv überdenken. Hat es eventuell früher abgeschnaubt und macht es das jetzt nicht mehr? Hat es noch nie abgeschnaubt bei der Arbeit? Finden Sie die Ursache. Überdenken Sie Ihr Training, kontrollieren Sie die Ausrüstung, etc. Je losgelassener Ihr Pferd wird, desto früher und häufiger kommt das Abschnauben. Abschnauben ist ein deutliches Zeichen der Entspannung und des Wohlbefindens. Aber Achtung, verwechseln Sie das ruhige entspannte Abschnauben nicht mit der hektischen Variante, bei der Pferde prustend schnauben. Dies ist ein Zeichen für Aufregung bei der Arbeit. Achten Sie auf dieses wichtige Signal. Das ruhige gleichmäßige Abschnauben ist ein auch im Sattel regelrecht zu fühlendes Zeichen der Entspannung. Es ist ein deutlicher Indikator für ein losgelassenes Pferd.

Andrea Lipp, August 2016

 

Über die Autorin:

Die klassische Reiterei ist die Passion von Andrea Lipp. Seit 2008 leitet sie im Bergischen Land bei Köln ihre Klassisch-Barocke Reitschule. Andrea Lipp ist Schülerin von Oberbereiter Andreas Hausberger, bei dem sie sich seit 2011 regelmäßig fortbildet. 

Mehr Informationen zu Andrea Lipp finden Sie hier: www.barock-reiten.de

 

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