
Nur ein kurzer Augenblick, um Richtern und Publikum Respekt, Wertschätzung und Präsenz zu zeigen – der Reitergruß. / Foto iStock
Wie sinnvoll ist der Gruß heute?
17. Dezember 2025
Der Wegfall des Grußes vor dem Chefrichter in internationalen Springprüfungen wirft die Frage auf, wie Respekt gegenüber Richtern, Tradition und dem Wesen der Prüfung heute angemessen gezeigt werden kann, wenn eine fest verankerte Geste nicht mehr obligatorisch ist.
Tradition trägt den Gruß.
Tradition ist im Reitsport keine leere Floskel, sondern ein lebendiger Bezug zur Geschichte, die Reiterinnen und Reiter seit Jahrhunderten begleiten. Der Gruß vor dem Chefrichter ist mehr als eine höfliche Geste: Er verbindet Respekt, Disziplin und Anerkennung der Leistung mit der Würde des Augenblicks, in dem Mensch und Pferd gemeinsam die Prüfung antreten. In dieser kurzen Bewegung liegt der Gedanke, dass Reiterinnen und Reiter nicht allein gewinnen oder scheitern, sondern dass sie sich der Richterinnen und Richter, dem Veranstaltungsrahmen und dem Publikum verpflichtet fühlen.
Aus Sicht vieler Fachleute und Liebhaber der barocken Reitkunst ist der Gruß ein sichtbares Zeichen dafür, dass das Pferd an den Hilfen steht und dass der Reiter Verantwortung für das Gangbild, die feine Abstimmung und die Ruhe im Pferdgefährten übernimmt. Er erinnert daran, dass Reiten nicht nur eine sportliche Leistung ist, sondern auch eine Form der Kommunikation – zwischen Mensch, Tier und Verantwortlichen – die in der Geschichte der Reitkunst tief verwurzelt ist. Gerade in Zeiten schnellen Wandels kann dieser kurze Moment Stabilität und Orientierung bieten: eine Brücke zwischen Tradition und Moderne, die zeigt, dass Werte wie Höflichkeit, Rücksichtnahme und Fairness auch heute noch eine zentrale Rolle spielen.
Dennoch zieht der Blick in die Gegenwart eine andere Perspektive nach sich. Der Wegfall des Grußes würde bedeutende Spuren hinterlassen: Nicht mehr jeder Blick, jede Geste, jeder Handgriff könnte als Ausdruck von Respekt wahrgenommen werden. Die Rituale, die das Miteinander im Reitsport prägen, würden sich wandeln, vielleicht flexibler werden, doch damit auch eine gewisse Ernsthaftigkeit verlieren, die dem Sport seine besondere Würde verleiht. Es ist eine Veränderung, die nicht nur das Show-Element, sondern das innere Verständnis von Etikette berührt: den Moment, in dem Zuschauerinnen und Zuschauer die Haltung der Reiterinnen und Reiter unmittelbar wahrnehmen können.
Für uns bleibt der Gruß damit ein Symbol: Er erinnert daran, dass Tradition nicht verstaubt, sondern lebendig bleibt, wenn sie bewusst gepflegt wird. Er fordert uns zugleich heraus, darüber nachzudenken, wie sich Werte wie Respekt, Sicherheit und Bildung in einer sich wandelnden Reitsportwelt sinnvoll ausdrücken lassen. Der Gruß mag seinen festen Platz in der Praxis weichen oder sich wandeln – doch die Frage, wie Reiterinnen und Reiter Respekt zeigen und Verantwortung übernehmen, bleibt aktuell wie eh und je.
Wie stehen Sie dazu, lieber Leser? Soll der Gruß weiterhin fest verankert bleiben, oder sollte er künftig flexibel eingesetzt werden, um dem Zeitgeist gerecht zu werden?
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