Reiten im Damensattel: Tradition, Romantik und sportliche Herausforderung

3. März 2018

Wissenswertes | Rebecca

Das seitliche Sitzen auf dem Pferd, Esel oder Maultier war in der Vergangenheit ähnlich gängig wie der „Spreizsitz“. Im Mittelalter galt seitliches Reiten als Zeichen für Anstand Macht und Würde, zu Kriegszeiten sogar als Zeichen für friedliche Gesinnung.

Bis heute kann man z.B. in Griechenland die Bauern seitlich auf ihren Eseln reiten sehen.

Erste Aufzeichnungen zur Damensattelreiterei führen in das 12. Jahrhundert. Zu diesem Zeitpunkt konnte allerdings schwer von einem Sattel die Rede sein, handelte es sich doch um ein Kissen mit einem Brettchen auf einer Seite des Pferdes, welches mit Seilen fixiert wurde, damit die Dame ihr Beine darauf abstützen und sich von ihrem Kavalier im Schritt führen lassen konnte. In dieser Epoche galt das Reiten mit gespreizten Beinen für Damen als unschicklich.

Reiten war der beliebteste Zeitvertreib der gehobenen Gesellschaft. Im 18. und 19. Jahrhundert gab es erste Aufzeichnungen über Damensättel mit zwei Hörnern, wie wir sie heute kennen. Die ersten Bücher über das Reiten im Seitsitz wurden geschrieben.

Der neue Damensattel verliehen den Frauen zu Pferd mehr Unabhängigkeit und die Möglichkeit, sich in den verschiedenen Reitsportarten zu erproben, zu galoppieren und sogar zu springen. Sie waren nun nicht mehr wegzudenken auf den Schauplätzen des eleganten Lebens und im Jagdfeld. Vorreiterin dieser Bewegung war ohne Frage Kaiserin Elisabeth aus Österreich, besser bekannt als „Sissi“. Durch sie wurde der Damensattel berühmt.

Ab der Jahrhundertwende und dem Durchbruch der Moderne konnten sich auch Bürgerliche ein Pferd leisten. Männer wie Frauen ritten in den ersten Reitschulen, auf Hubertusjagden und bei Wettbewerben. Bald war der Seitsattel nicht mehr konkurrenzfähig und die Damen stiegen auf englische Sättel um. So konnten sie leichter auf- und absitzen, konnten höher springen und wurden ihren männlichen Konkurrenten ebenbürtig.

Diese Emanzipation führte dazu, dass der Damensattel, ein Jahrhunderte altes Stück Reitkultur, nach dem zweiten Weltkrieg in Vergessenheit geriet.

Erst in den 1970er Jahren sollte er mit der Gründung der ersten Damensattelvereine wiederentdeckt werden.

Damensattelteiterei in der heutigen Zeit

Für die Reiterinnen heutiger Tage ist der Damensattel eine Ergänzung und Abwechslung zum „normalen“ Reiten, eine Spielart der klassischen Reitlehere und vielleicht auch eine Art Wiederentdeckung der Femininität.

In ganz Europa, Amerika, Australien, und Neuseeland gibt es mittlerweile eigene Vereine, welche die Seitsatteltradition pflegen und vor dem Vergessen bewahren. Vor allem in England wird sehr viel im Damensattel geritten – gefördert durch Königin Elisabeth II..

In Deutschland wurde 1997 der Verein RID-Reiten im Damensattel e.V. gegründet. Er fördert nicht nur modernes Damensattelreiten, sondern auch das Reiten im Seitsitz für Menschen mit Behinderung. Seit 2013 ist der Verein ausserdem in der WBO (Wettbewerbsordnung) der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) gelistet, wodurch eine Teilnahme am Turniersport im Damensattel in den verschiedenen Disziplinen möglich wurde, und hat eine Definition für den „modernen Balancesitz“ verfasst.

Durch neue Erkenntnisse über das Pferd, seine Biomechanik, die Biomechanik des Reiters, die Verwendung moderner Materialien im Sattelbau u.a. entwickeln sich auch der Damensattel und die Reiterei im Seitsitz stetig weiter. Trotzdem ist der Damensattel grundsätzlich seiner Form, wie sie zum Ende des ersten Weltkrieges in England gebaut wurde, treu geblieben.

Neben dem Turniersport erfreut sich die Damensattelreiterei auch in Showprogrammen zunehmender Beliebtheit. So kann man heutzutage auf vielen Messen und Turnieren die Damen in ihren traditionellen Gewändern auf ihren schönen Pferden in abwechslungsreichen Quadrillen bewundern. Zudem gibt es mittlerweile auch einige Trainer, bei denen man selbst einmal die Reitweise der feinen Damen erproben kann.


Das Reiten im Damensattel

Der Damensattel ist asymetrisch gebaut, hat aber eine waagrechte Sitzfläche. Auf der linken Seite befinden sich zwei gebogene Hörner, seitlich des Widerists. Das rechte Bein wird über das obere, feststehende Horn gelegt, der Unterschenkel liegt senkrecht flach an der Pferdeschulter an. Das linke Bein befindet sich unter dem unteren, einschraubbaren Horn, ist locker und der Fuss steht mit leicht tiefem Absatz im Steigbügel.

Die Dame muss sich an der Stelle im Sattel ausbalancieren, die für das Pferd am angenehmsten ist. Dafür ist es wichtig, dass der Sattel gut angepasst ist. Schultern und Hüften der Reiterin befinden sich parallel zu Schultern und Hüften des Pferdes, der Sitz ist mittig. Der Oberkörper wird leicht nach vorne geneigt um das Körpergewicht in Richtung der Schwerpunktachse des Pferdes zu bringen. Dabei bleiben die Schultern gerade.

Die Hände werden tiefer und etwas breiter getragen, als im englischen Sattel, nämlich rechts und links des rechten Knies. Ellenbogen, Reiterhand und Pferdemaul sollen auch hier eine Linie ergeben. Diese Position ergibt sich aus der relativen Aufrichtung.

Grundsätzlich kann jedes Pferd im Damensattel geritten werden. Wichtig sind hierbei Vertrauen und Feingefühl.

Das ideale Damenpferd sollte einen kräftigen Rücken, einen ausgeprägten Widerrist, bequeme Gänge, ein ausgeglichenes Temperament und Arbeitseifer besitzen. Besonders beliebt sind Barockpferde, da sie alle diese Kriterien erfüllen und noch dazu mit ihrer Schönheit hervorragend zu einer feinen Dame passen.

Die Damensattelreiterei ist in fast allen Disziplinen vertreten, aber besonders in Dressur, Springen und auf Jagden. Für das Jagdreiten werden auch gerne Vollblüter und Hunter eingesetzt, im Springreiten sieht man wie üblich zumeist den Warmblüter.

Entgegen der allgemeinen Enschätzung ist das Reiten im Damensattel mindestens genauso sicher wie in einem normalen Sattel.

Das Erlernen der Reitweise wird von Könnern als unterschiedlich zum „normalen“ Reiten, aber nicht als schwieriger eingeschätzt.

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„Du triffst nicht auf ein Pferd zufällig. Es ist das Schicksal, das dich zu ihm führt.“

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