Bilder des Schädels von Equus mosbachensis aus der Ausstellung im Paläon Museum.

Bilder des Schädels von Equus mosbachensis aus der Ausstellung im Paläon Museum. Foto: Volker Minkus / NLD

300.000 Jahre alte DNA: Schöningen enthüllt Ursprung der modernen Pferde

7. Oktober 2025

Schöningen in Niedersachsen ist künftig auch als Fundort einer der ältesten Spuren der Pferdeevolution bekannt. Ein Forschungsteam des Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen sowie der Forschungsstation Schöningen rekonstruierte erstmals das Erbgut der ausgestorbenen Pferdeart Equus mosbachensis aus der rund 300.000 Jahre alten Fundstelle. Dank außergewöhnlich guter Erhaltungsbedingungen gelang damit der bislang älteste DNA-Nachweis aus offenen Freiluftfundplätzen.

Die Fundstelle Schöningen beherbergt neben den gut erhaltenen Knochen von Menschenaffen und anderen Tieren auch rund 20 erlegte Pferde, deren Überreste direkt neben den berühmten Holzspeeren gefunden wurden – den ältesten bekannten Jagdwaffen der Welt. In diesem unmittelbaren Umfeld konnten die Forschenden das mitochondriale Genom der Pferde rekonstruieren. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Equus mosbachensis zur gleichen evolutionären Linie gehört wie die heutigen Pferde und damit eine direkte Verbindung zur Abstammung der modernen Pferdelinie besitzt.

Bislang galt die Grenze der Erhaltung von DNA außerhalb von Höhlen oder Permafrostgebieten als etwa 240.000 Jahre. Die Schöninger Pferdeknochen zeigen jedoch, dass DNA auch in offenen Umweltbedingungen älter bleiben kann, wenn die Lagerungsbedingungen stimmen. Die Knochen lagen in dauerhaft feuchten, sauerstoffarmen Sedimenten eines ehemaligen Braunkohleabbaus – eine natürliche Schutzwirkung, die das Erbgut bewahrte. Mit dieser Erkenntnis schließen die Forscher eine zeitliche und geografische Lücke in der Erforschung der Pferdeevolution und eröffnen zugleich neue Möglichkeiten, die genetische Vielfalt der fernen Vergangenheit besser zu verstehen.

Professor Cosimo Posth vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment betont, dass diese Studie deutliche Hinweise darauf liefert, wie früh Menschen und Pferde miteinander in Verbindung standen – nicht zuletzt als Nahrungsquelle –, und dass sich damit auch die Geschichte der Domestikation neu interpretieren lässt. Die Erstautorin Arianna Weingarten hebt hervor, wie Schöningen durch seine Speere in der Archäologie berühmt geworden ist und dass die Fundstelle damit erneut eine wichtige Rolle in der Erforschung der Mensch-Pferd-Beziehung spielt.

In den nächsten Schritten wollen die Forscher ihre Methoden auf weitere Arten anwenden, um die genetische Vielfalt der fernen Vergangenheit noch umfassender zu erfassen. Die Ergebnisse dieser Studie erschienen in der Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution und markieren einen Wendepunkt in der Archäogenetik: Offene Fundplätze können offenbar nicht nur Fossilien, sondern auch erstaunlich lange erhaltene DNA liefern und damit unser Verständnis der Evolution der Pferde neu schreiben.

Die künstlerische Darstellung zeigt die Landschaft rund um den Paläosee von Schöningen vor 300.000 Jahren. Im Vordergrund symbolisieren galoppierende Pferde die Entwicklung von früheren zu heutigen Arten. Im Hintergrund laufen Gruppen von Pferden in verschiedene Richtungen und symbolisieren damit inzwischen ausgestorbene Arten. / Copyright: Benoît Clarys/Universität Tübingen

Direkt neben den berühmten Schöninger Speeren wurden die fossilen Überreste von mindestens 20 erlegten Pferden gefunden

Direkt neben den berühmten Schöninger Speeren wurden die fossilen Überreste von mindestens 20 erlegten Pferden gefunden. / Foto: Nicholas Conard

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„Du triffst nicht auf ein Pferd zufällig. Es ist das Schicksal, das dich zu ihm führt.“

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