Das angeblich unheilbare Pferd »Cruiser« / Fotoquelle: https://wellcomeimages.org/indexplus/obf_images/d3/d7/3e7b1159c5d57f121eda37643713.jpg

Die Pionierarbeit von John Solomon Rarey: Der erste „Horse Whisperer“

14. August 2024

Im 19. Jahrhundert revolutionierte John Solomon Rarey die Welt der Pferdezähmung und legte den Grundstein für moderne, gewaltfreie Trainingsmethoden. Während Monty Roberts und Linda Tellington-Jones in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihren innovativen Ansätzen und professionellen Vermarktungen die Pferdewelt aufmischten, war es Rarey, der bereits in den 1850er Jahren als gefeierter „horse whisperer“ bekannt wurde.

Rareys Methoden, die er im Jahr 1858 vor Königin Victoria im Buckingham Palace demonstrierte, waren zu seiner Zeit bahnbrechend. Er zeigte, wie man selbst die widerspenstigsten und aggressivsten Pferde zähmen kann – ein Beispiel dafür war der legendäre Hengst „Cruiser“, dessen Bösartigkeit in England gefürchtet war. Rareys Technik basierte auf Geduld und einem tiefen Verständnis für das Verhalten von Pferden. Er hob zunächst das linke Vorderbein des Tieres an und fixierte es sanft, bevor er das Pferd seitlich ablegte und durch Berührungen und Streicheln beruhigte.

Sein ureigenstes Talent lag jedoch nicht nur in diesen Techniken, sondern auch in seiner Fähigkeit, eine positive Ausstrahlung zu vermitteln. Rarey verstand es, seine „Kontrahenten“ in ihrer Dominanz zu verunsichern und sie neugierig zu machen. Diese besondere Verbindung zwischen Mensch und Tier war der Schlüssel zu seinem Erfolg.

Die Skepsis gegenüber seinen Methoden wich schnell dem Enthusiasmus vieler Pferdeliebhaber in Europa. Der Begriff „Rarey-fication“ fand Einzug in die Fachpresse und beschreibt die sanften Zähmungsmethoden, die er propagierte. Seine Philosophie betonte Respekt, Würde und Sicherheit – essentielle Elemente für eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Mensch und Pferd.

In einer Zeit, in der viele Trainer noch auf Gewalt setzten, stellte Rarey einen Paradigmenwechsel dar. Seine Überzeugung, dass Fehler beim Reiter liegen und nicht beim Pferd, wird heute von vielen renommierten Reitern wie Isabell Werth geteilt. Die Beziehung zwischen Reiter und Pferd sollte über Jahre wachsen – ein Prinzip, das Rarey bereits als Kind verinnerlicht hatte.

John Solomon Rarey starb 1866, aber sein Erbe lebt weiter. Die Prinzipien seiner Arbeit sind nach wie vor relevant und haben Generationen von Trainern inspiriert. Sein Einfluss ist unbestreitbar: Er hat nicht nur das Leben vieler Pferde verbessert, sondern auch das Verständnis für ihre Bedürfnisse nachhaltig geprägt. Der einst gefürchtete Hengst Cruiser starb 1875 – neun Jahre nach dem Tod seines „Meisters“ – als Symbol für die transformative Kraft einer respektvollen Beziehung zwischen Mensch und Tier.

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„Du triffst nicht auf ein Pferd zufällig. Es ist das Schicksal, das dich zu ihm führt.“

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