Flamingo Girl: Vollblutstute startet als Wallach
27. Mai 2024
Diese sonderbar klingende Geschichte begann 2021 als die Vollblutstute Flamingo Girl den Gruppensieg im „Premio Elena e Sergio Cumani“ gewann und danach ein erhöhter Testosteronwert festgestellt wurde. Weitere Untersuchungen an der Tiermedizinischen Hochschule Hannover konnten Doping eindeutig ausschließen, dafür wurden Hoden im Bauchraum entdeckt, die Testosteron produzierten. Diese wurden operativ entfernt und die Stute nach Dubai geschickt.
Ein italienisches Gericht hat nun der Stute den Siegertitel, nach der zwischenzeitlichen Disqualifikation, wieder zuerkannt und den Trainer Henk Grewe von allen Vorwürfen frei gesprochen. Dies ist keinesfalls der erste Fall dieser Art. So fiel vor einigen Jahren ein Pferd nach einem Sieg in Frankreich auf, das daraufhin als Reitpferd verkauft wurde. Ein weiteres als Hermaphrodit identifiziert Pferd war Tuesday’s Child, das in Südafrika startete doch nach einem Rennen disqualifiziert wurde, weil „Stutenerlaubnis“ in Anspruch genommen worden war.
In den USA wurde ein Vollblüter schon kurz nach der Geburt als Hermaphrodit erkannt. Diese griechische Bezeichnung aus der Biologie für Zwitter, also Individuen mit doppeltgeschlechtlichen Anlagen, leitet sich nach Ovid von Hermaphroditos, dem zweigeschlechtlichen Sohn des Hermes und der Aphrodite ab.
Sowohl in der Pflanzen als auch in der Tierwelt gibt es zahlreiche Beispiele zweigeschlechtlicher Wesen in unterschiedlichen Ausprägungs- und Erscheinungsformen. Der Regenwurm ist vielleicht der bekannteste. Neben diesen Individuen, bei denen Hermaphrodismus zum genetischen Profil gehört kommen Zwitter auch bei Säugetieren vor, die üblicherweise in zwei Geschlechter – männlich und weiblich – eingeteilt werden.
Der Mensch stellt in diesem Zusammenhang keine Ausnahme dar auch hier gibt es eine ganze Reihe von prominenten Beispielen zunächst im Leistungssport, bei denen ähnliche anatomische Besonderheiten wie bei Flamingo Girl diagnostiziert wurden. Die Sportverbände diskutieren schon seit Mitte des vorigen Jahrhunderts wie eine Chancengleichheit im Wettbewerb gewährleistet werden kann. Die demütigenden „Sex-Test“ für Frauen aus den 60er-Jahren wurden abgeschafft. Viele Jahre galten Testosteron Werte oder Chromosomen-Analysen als Mittel der Wahl.
Der Versuch mit diesen Tests zu eindeutigen Aussagen zu kommen war nicht erfolgreich. Seit Ende 2021 überlässt das IOC den Vereinen und Verbänden die Entscheidung darüber, wer in welcher Kategorie das Startrecht hat. Ein Grund mehr Diversität auch in unserem Alltag als normal anzuerkennen.
Seit Kurzem ist Flamingo Girl aus Dubai zurück in Deutschland und wird nach einer Eingewöhnungszeit wieder von Henk Grewe trainiert und in Galopprennen gestartet werden. Da die Entfernung der Hoden als Kastration gilt und kastrierte Pferde als Wallache gelten wird Flamingo Girl künftig als Wallach starten.
Barbara Schulte
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