Der französische Pferdeflüsterer

6. Februar 2017

 

 

Pferd und Reiter | SK

Ruhig betritt Gari Zoher die Manege, es herrscht gespannte Stimmung beim Publikum und eine abwartende Ruhe legt sich über die Halle. Dann folgt er: Ein goldener Lusitano. Völlig frei galoppiert er in die Manege. Ohne Zäumung. Ohne Halfter. Genauso wie er ist. Einfach frei. Was die Zuschauer dann geboten bekommen, ist Freiheitsdressur auf höchstem Niveau. Gari Zoher zeigt, was es heißt, sich mit seinem Pferd beinahe blind zu verstehen. Ob vom Boden oder Rücken eines anderen Pferdes aus – beinahe spielerisch tanzen die Pferde auf die feinsten Signale Zohers. 

Gari Zoher stammt aus Beaucaire in Frankreich, dort züchtet und trainiert er Lusitanos. Die meisten sind Pferde, die als schwierig oder unreitbar galten, von ihm gekauft wurden, und langsam das Vertrauen in den Menschen wiederfanden. „Es ist ein Gefühl, vielleicht auch eine Verbindung mit den Augen und die erste Berührung“, versucht er zu erklären, was den Ausschlag zum Kauf eines als unreitbar abgestempelten Tieres gibt. Als Zuschauer seiner Show fällt es nicht schwer das nachzuvollziehen. Immer wieder wandert seine Hand lobend über den Pferdekörper, sucht er den Blickkontakt und seine Körpersprache scheint die Unterhaltung und den Tanz mit dem Pferd zu fordern.

Alfoz, ein neunjähriger Schimmel, genießt diese Aufmerksamkeit besonders. Beinahe herausfordernd springt er von rechts nach links, manchmal kommt er Gari Zoher bedrohend nah. „Er ist wie ein guter Schauspieler“, schmunzelt Zoher, „Alfoz ist sehr expressiv aber er berührt oder bedroht mich nie. Wirkt er in der Show stark, ist er innerlich doch sehr fragil.“  Auch Alfoz galt als unreitbar und Gari Zoher musste langsam das Vertrauen und gegenseitige Verständnis neu aufbauen. Zu Beginn des Trainings galt es Kleinigkeiten wie Hufe geben zu üben- mittlerweile ist Alfoz sogar wieder reitbar.

Gari Zohers Arbeit mit den Pferden beruht vor allem auf Lob und Berührungen als Dankeschön. „Es darf nie langweilig werden und man muss deutlich sein, denn für ein Pferd gibt es nur „Ja“ oder „Nein“, erklärt der 38-jährige Franzose sein Konzept. Die Länge der Einheiten gestaltet er nach Gefühl. Je nach Laune des Pferdes können mehrere Tage bis zum nächsten Training vergehen oder auch nur zehn Minuten am Tag anstehen, die am liebsten auf dem freien Feld stattfinden. Bedenken, dass seine Lusitanos weglaufen, hat er keine: „Die Pferde lernen als erstes bei mir zu bleiben und sich mit mir wohl zu fühlen.“

Die Begeisterung für Pferde trägt Zoher schon seit Kindesbeinen in sich. „Es war einfach schon immer so – ich glaube ich wurde mit der Faszination für Pferd geboren“, schmunzelt er nachdenklich. Doch wie kommt ausgerechnet ein Franzose zu den portugiesischen Lusitanos? Zohers Leben mit eigenen Pferden begann im Alter von circa sechs Jahren, als er stolzer Besitzer eines Shetland Ponys wurde. Danach folgten einige Zeit Camargue Pferde bis er letztendlich sein Herz an die Lusitanos verlor. „Sie sind sehr intelligent, sensibel und stark zugleich“, schwärmt er. Gari Zoher begegnet seinen Pferden mit Respekt. In seiner Show bleibt kaum einem verborgen, welche direkte Verbindung er zu den Tieren aufgebaut hat. Die Beziehung und Kommunikation zwischen Mensch und Pferd, ein Thema, das ihn beschäftigt: „Oft heißt es das Pferd möchte nicht, dabei versteht es einfach nur den Menschen nicht, Pferde sind sehr logisch, viele Fehler kommen vom Menschen.“ Ein Kritikpunkt, der in der heutigen Reiterei langsam an Bedeutung gewinnt. Für Zoher findet langsam ein Umdenken vom rein körperlichen hin zu einem mentalen Denken mit dem Tier statt. „ Der Mensch muss in der Zusammenarbeit mit dem Tier seine Emotionen kontrollieren und wenn er zufrieden ist, aufhören das Pferd zu fragen“, erklärt Zoher seine Idee von Kommunikation. Denn nach dem Training sollen sie wieder sie selbst sein können, frei wie bei ihm in der Manege. Sensibel. Zerbrechlich. Stark. So, wie sie ihn am meisten beeindrucken. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alle Fotos: Pascale Scherrer

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„Du triffst nicht auf ein Pferd zufällig. Es ist das Schicksal, das dich zu ihm führt.“

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