Wenn Geduld sich auszahlt – Die Geschichte von Jürgen Althaus und Bo

6. Dezember 2016

Meine Geschichte | Jürgen Althaus / SK

Jürgen Althaus reitet seit ungefähr 20 Jahren ausschließlich als „Freizeit- und Hobbyreiter“. Vor ca. drei Jahren erhielt er eine Nachricht, dass die Fürstliche Hofreitschule Bückeburg einen größeren Lusitano-Hengst zu vermitteln habe. Bofetao, der erst vor wenigen Wochen aus Portugal gekommen war, galt als „eine echte Aufgabe“ für einen Reiter, der sich sehr viel Zeit für das Pferd nehmen möchte. Doch schon bei der ersten Begegnung in Bückeburg wich das Pferd nicht von Jürgen Althaus Seite und folgte ihm auf Schritt und Tritt. Ein einschneidendes und einmaliges Erlebnis, das mit der Entscheidung zum Kauf von Bo endete. Heute tritt er mit dem damals so nervösen Bo sogar bei Shows auf. Uns hat er von ihre Geschichte von Geduld und Vertrauen erzählt.

Ich dachte nur: „Egal, was mit Dir ist, Du kommst mit nach Hause“. Nach den ersten Tagen der Eingewöhnung habe ich mit Bofetao („Bo“) viele Vertrauensübungen wie Führübungen, Abkauübungen im Stand oder leichte Handarbeit gemacht. Es war deutlich zu spüren, dass er sehr menschenbezogen und anhänglich ist. Jedoch reichte ein lautes Geräusch oder Wort aus, um ihn völlig zu verunsichern. Teilweise wirkte er regelrecht depressiv. Sobald Bo spürte, dass er gesattelt werden sollte, verkrampfte er ängstlich und zitterte. Somit habe ich nach und nach zunächst das Satteln und später das Aufsteigen trainiert. Es war deutlich, dass Bo vor Angst zitterte. An Reiten war nicht zu denken, da er regelrecht zusammengekrümmt unter mir stand. Nach mehreren Wochen habe ich versucht, ihn im Schritt anzureiten. Er schien nur wegrennen zu wollen. Also habe ich auch das Anreiten ruhig geübt und versucht, ihm Vertrauen zu geben.

Ich habe mehrfach von dritter Seite die Empfehlung gehört, das „unreitbare Pferd“ doch besser wieder abzugeben und ein einfacheres Pferd zu kaufen. Doch das wäre Bo nicht gerecht geworden.

Das Reiten wurde nach und nach etwas besser, blieb aber – und ist bis heute- schwierig, da Bo extrem sensibel und temperamentvoll ist. Es hatte immer etwas von „Formel-1-Wagen-fahren in der Innenstadt“. Ich habe lange Zeit sehr viele verschiedene Dinge ausprobiert, um auszutesten, wie wir zwei am besten klar kommen können.

Mittlerweile sind Bo und ich reiterlich weiter fortgeschritten. Ich reite in Anlehnung an die Prinzipien der Akademischen Reitkunst und der Schule der Fürstlichen Hofreitschule Bückeburg. Wir haben uns Lektionen wie Seitengänge, Pirouetten, Piaffe, Passage, Terre a Terre erarbeitet, sowohl an der Hand als auch unter dem Sattel –beides auch nur mit Halsring oder der Garrocha, immer aber mit möglichst feinen Hilfen.

Ich habe Bo gleich bei unserem ersten Aufeinandertreffen ins Herz geschlossen. Heute folgt er mir überall hin. Ich habe durch Bo sehr viel lernen müssen und dürfen – sowohl reiterlich als auch insbesondere in Sachen Geduld, Vertrauen und Zuversicht. Oft muss ich mich in Bo hineinversetzen, um ihn zu verstehen, da es immer noch Tage gibt, an denen er einen „nervösen Systemabsturz“ hat. Es ist selten frustrierend, immer anspruchsvoll und oft genial, so dass ich sowohl den Umgang als auch das Reiten sehr genießen kann. Andere Reiter kommen mit Bo (oder umgekehrt) nicht klar, da deren Hilfen ihn verunsichern.

Ich habe festgestellt, dass Bo am ruhigsten ist, wenn ich ihn im Sinne „angewandten Reitens“ reite, also mit Garrocha, mit Halsring (insbesondere mit beidem zusammen), Tore öffne und sogar bei einem ersten Rindertraining. Dann vertraut er mir. Das hat sich insbesondere bei unserem ersten Auftritt bei der Show „Alegria – Die magische Nacht der Pferde“ mit Zuschauern, Licht und lauter Musik gezeigt.

Ich habe das Gefühl, dass es vorherbestimmt war, dass Bo und ich aufeinander treffen. Er hat mich ausgesucht und ich lasse mich ganz auf ihn ein. Und genau das macht unsere Beziehung für mich so einzigartig.

Foto oben: privat / Foto unten: Nadhira Düning

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