Andalusier

9. November 2016

Barockpferde | Rebecca

 

Das spanische Pferd hatte lange Zeit keine spezifische Bezeichnung, sondern wurde nach dem Gebiet benannt, indem es vorwiegend gezüchtet wurde, Andalusien. Heutzutage bezeichnet man spanische Pferde mit halben oder ohne Papiere als Andalusier (el caballo andaluz) und Pferde mit Papieren als PRE (Pura Raza Española).

Rassetypisch für das spanische Pferd ist ein edel geformter Kopf und Körperbau, mittleres Stockmaß, ein breiter Rumpf, lange Mähne und ein tief angesetzter, dichter Schweif.

In der spanischen Zucht wurde über viele Generationen hinweg die Fellfarbe des Schimmels bevorzugt. Ein Pferd, weiß wie das Licht, glänzend, wie mit Silberfarbe überzogen, friedlich und zuverlässig – ideal, um das Staatsoberhaupt, den König, auf seinem Rücken zu präsentieren. Aberglaube führte dazu, dass man z.B. braunen Pferden im 13. Jahrhundert ein schwaches Herz und weiche Hufe zuschrieb und Rappen als Beerdigungspferde ein negatives Bild innehatten, denn sie zogen den Leichenwagen. Füchse wurden in der griechischen Antike als besonders feurig und hysterisch beschrieben. Erst die zunehmende Nachfrage nach „Modefarben“ von ausländischen Kunden führte dazu, dass zunächst Braune und Rappen, im Jahr 2003 auch Füchse und mittlerweile alle Farben außer Schecken in der spanischen Zucht zugelassen wurden.

 

Die Geschichte des spanischen Pferdes lässt sich bis in die Steinzeit zurückverfolgen. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in der Umgebung von Ronda (Zentralandalusien) Höhlenmalereien entdeckt, die unter anderem eindeutig ein langbeiniges Pferd mit subkonkavem Profil darstellten, welches mehr einem modernen Großpferd als einem Pony glich. Archäologen werten diesen Fund als Hinweis darauf, dass bereits in der Altsteinzeit (ca. 30 000 – 20 000 v. Chr.) Wildpferde in Spanien lebten.

Gerade die Geschichte Andalusiens als wichtiger strategischer Kriegs- und Handelspunkt ist geprägt von Eroberungen und Besatzungen verschiedenster Völker, wodurch auch das spanische Pferd nicht von fremden Einflüssen und Kreuzungen verschont blieb.

Als Reittier erlangte der Andalusier erstmals um das 7. Jahrhundert v. Chr. an Ruhm, als die „Keltiberer“ (Zusammenschluss von Kelten und Iberern) durch ihre viel gepriesenen Reitkünste auf ihren rittigen Pferden andere Völker das Fürchten lehrten.

Durch Beizäumung und Versammlung gelang es den Keltiberern ihre Pferde auf der Hinterhand zu wenden, schnell anzureiten und prompt zu halten, womit sie im Nahkampf anderen berittenen Völkern haushoch überlegen waren. Neben den Römern studierten vor allem die Griechen die Reitkunst der Keltiberer und entwickelten daraus Reitkenntnisse, welche letztendlich Xenophon (430 – 35 v. Chr.) in seiner bis heute gültigen Reitlehre niederschrieb.

 

Der Andalusier, ein stolzes Ross mit feurigem Temperament und sanftem, aufrichtigem Charakter zugleich, gewann im Laufe der Geschichte zunehmend an Beliebtheit und wurde beispielsweise im goldenen Zeitalter des Barock an allen Fürstenhöfen Europas geritten und in vielen Ländern zur Veredelung anderer Rassen eingesetzt. Die beiden bekanntesten Kreuzungen sind auch heute noch der Hispanoaraber (Kreuzung zwischen Andalusier und Arabischem Vollblut) und der „Tres Sangres“ (dt. Dreiblütler; Kreuzung zwischen Andalusier, Araber und Englischem Vollblut).

 

Vom Jagd- und Kriegspferd zum Kutsch-, Hirten- und Stierkampfpferd, der Andalusier ist durch seinen Mut und Arbeitswillen vielseitig einsetzbar. Seine außerordentliche Rittigkeit und Versammlungsfähigkeit verleihen ihm überdies ein besonderes Talent für die Dressur.

 

In keiner anderen Zuchtlinie wurde so bewusst auch ein einwandfreier Charakter des Pferdes in die Selektierung mit einbezogen.

 

Das bis heute größte und wichtigste Aushängeschild für spanische Pferde ist die Königliche Andalusische Hofreitschule im Herzen der Stadt Jerez de la Frontera. Sie wurde im Jahr 1973 von Don Alvaro Domecq Diaz gegründet, seinerzeit berühmt im berittenen Stierkampf und für die familiäre Sherryproduktion. Zu einem Zeitpunkt, an dem der Reitsport als Prestige galt und der Andalusier hauptsächlich als Arbeitstier und Vorzeigeobjekt auf Ferias in Erscheinung trat, entwickelte Domecq eine Strategie, um wieder vermehrt für das spanische Pferd zu werben und dieses auch touristisch zu nutzen. Er rief die Pferdeshow „Como bailan los Caballos Andaluces“ (dt. wie die andalusischen Pferde tanzen) ins Leben. Ein vielfältiges Schaubild, bestehend aus der klassischen Dressurquadrille, Aufgaben der Doma Vaquera (spanische Hirtenreitweise), Vorführungen mit prächtigen Kutschen und vor allem die spektakulären Lektionen der Hohen Schule präsentieren, wofür das spanische Pferd so zweifellos prädestiniert ist. Aktuell kann diese Darbietung jeweils dienstags und donnerstags vormittags besucht werden. An allen anderen Wochentagen haben Besucher die Möglichkeit, der Morgenarbeit beizuwohnen und Ställe, Klinik, Sattlerei, Sattelkammer und Kutschenmuseum zu besichtigen.

Mittlerweile fungiert die Hofreitschule neben ihren Showvorführungen auch als Universität für talentierte spanische Pferde und Reiter mit dem zusätzlichen Schwerpunkt der Sportreiterei.

 

Literaturverzeichniss: KATHARIN VON DER LEYEN / THOMAS KILPER: Das Spanische Pferd – Pura Raza Espanola. München: BLV Verlagsgesellschaft mbH, 2003.

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„Du triffst nicht auf ein Pferd zufällig. Es ist das Schicksal, das dich zu ihm führt.“

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